Der Gesetzgeber reformierte im Jahre 2002 das BGB und dort insbesondere das sogenannte Schuldrecht. Dort ist u. a. geregelt, welche Rechte Käufer und Verkäufer haben, wenn eine verkaufte Ware mangelhaft ist. Seit dem Jahr 2002 gelten nun für Pferde und andere Tiere die gleichen Voraussetzungen wie für „andere Waren“, wie Waschmaschinen oder Spülmaschinen. Es ist leicht vorstellbar, dass es bei Lebewesen sehr viel schwieriger ist, einen Mangel objektiv festzustellen! Um nur einige Fragen zu nennen:

Hat das Pferd die von den Vertragsparteien bei Vertragsschluss vorausgesetzte Beschaffenheit?

Wann stellt eine Verhaltensweise des Pferdes einen Mangel dar?

Ist ein solcher Mangel wesentlich?

Kann dieser Mangel etwa behoben werden?

Allein die Beantwortung dieser Fragen ist von immenser Schwierigkeit. Im Jahre 2006 ist diese Regelung zusätzlich „verkompliziert“ worden. Im November 2006 hat der BGH ausgeurteilt, dass Tiere nicht generell als „gebraucht“ anzusehen sind. Ein Pferd, das im Zeitpunkt des Verkaufes noch jung ist und noch nicht „benutzt“ wurde, ist laut BGH eine „neue Sache“.

Die Entscheidung zwischen einer „neuen“ und einer „gebrauchten“ Sache ist für gewerbliche Verkäufer und Verbraucher relevant. Nach dem BGB beträgt die Verjährungsfrist für Ansprüche des Käufers bei einem Mangel der Kaufsache 2 Jahre (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Grundsätzlich können die Parteien von dieser gewerblichen Verjährungsfrist zwar abweichen, wenn sie im Kaufvertrag eine kürzere oder längere Verjährung vereinbaren, bei einem sogenannten Verbrauchsgüterkauf (wenn also ein Unternehmer einem Verbraucher gegenübersteht) verbietet § 475 Abs. 2 BGB jedoch gerade die Verkürzung der Verjährungsfristen auf weniger als 2 Jahre. Dies gilt aber nur bei „neuen Sachen“! Bei „gebrauchten“ Sachen darf der Verkäufer die Verjährungsfrist dagegen auf ein 1 Jahr verkürzen. Auch diese „weitere“ Erschwernis macht eine „sinngerechte Lösung“ von Pferderechtsfällen erheblich schwieriger.

Eine weitreichende Frage dürfte nunmehr sein, wie man ein „neues“ von einem „gebrauchten“ Pferd unterscheidet. Richter des BGH haben es sich insoweit recht einfach gemacht. Sie haben ausgeurteilt, dass die Gerichte in jedem Einzelfall individuell entscheiden sollen. Die genaueren Kriterien werden sich daher erst in den kommenden Jahren erschließen.

In dem Fall, dem die Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2006 zugrunde lag, handelte es sich um ein 6 Monate altes Fohlen, das noch nicht von der Mutterstute abgesetzt worden war. Nach Auffassung des BGH gab es deshalb noch „keine externen Einflüsse“, die die Beschaffenheit des Fohlens im Sinne eines „Gebrauchtseins“ verändert haben können.

Persönlich erachte ich diese Entscheidung für nicht sachgerecht. Anders als bei einer originalverpackten Waschmaschine ist ein Tier ab seiner Geburt externen Einflüssen ausgesetzt. So können die Art und Weise der Pflege, der Fütterung und der persönlichen Zuwendung deutliche Einflüsse nehmen. Ein Fohlen kann sich in dem einen Stall völlig anders entwickeln als in einem anderen. Das Urteil aus dem Jahre 2006 hat – meiner Ansicht zufolge - erheblich zu weiteren Rechtsunsicherheiten beigetragen. Zukünftig muss von jedem einzelnen Gericht eine eigene „Messlatte“ angelegt werden. Die sich daraus ergebenden Unterschiede dürften signifikant sein.

Weitere Informationen zu Ortrun Voß und ihren Fällen gibt es unter http://www.rechtsanwaeltin-voss.de

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