Die Bundesregierung plant, dass Stallumbauten zu Tierwohlzwecken bauplanungsrechtlich erleichtert werden sollen. Das Bundesbauministerium hat dazu nun einen Vorschlag für eine Änderung der Baugesetzbuchs (BauGB) vorgelegt und die Verbände um Stellungnahme gebeten.

Der Vereinszweck der VFD besteht nicht nur in der Förderung des Freizeitreiten und -fahrens, sondern auch im Tier- und Naturschutz. Unsere Aufgabe ist es, die Interessen der Freizeitreiter und –fahrer wahrzunehmen und das Kulturgut Pferd zu pflegen. Unsere Mitglieder sind in besonderer Weise dem Tierschutz, dem Naturschutz und der Umwelt verpflichtet. Die VFD setzt sich für artgerechten Umgang mit dem Tier ein und unterstützt das Recht von Menschen und Tieren auf einen gemeinsamen intakten Lebensraum. 

Zur Erfüllung unseres Vereinszwecke vertritt das Bundespräsidium unsere Interessen gegenüber Gesetzgebung und Verwaltung. Dies geschieht zum einen durch Kontakte zu den Behörden, zum anderen aber auch durch Stellungnahmen im Rahmen von Gesetzgebungs-Verfahren. 

Zu der Bewahrung des Kulturgutes Pferd, aber auch zum Tier-, Umwelt- und Naturschutz gehört die (möglichst) artgerechte Weidehaltung von unseren Equiden, die leider allzu oft durch baurechtliche Bestimmungen erschwert wird. Insbesondere im Außenbereich ist es für Nicht-Landwirte fast unmöglich, eine Baugenehmigung für tier- und naturschutzgerechte Unterstände zu bekommen. Wir nehmen jede Möglichkeit wahr, auf diese Missstände hinzuweisen. So haben wir auch zur aktuell geplanten Änderung des Baugesetzbuches eine Stellungnahme verfasst.

Ein paar Daten vorab:
Mit dem "Gesetz zur Stärkung der Innenentwicklung in Städten und Gemeinden und weiteren Fortentwicklung des Städtebaurechts" vom 11. Juni 2013 ist die Privilegierung der Errichtung gewerblicher Tierhaltungsanlagen im Außenbereich eingeschränkt worden. Im Sinne des Bauplanungsrechts landwirtschaftliche Tierhaltungsbetriebe unterfallen dagegen nach wie vor grundsätzlich der Privilegierung des § 35 Abs. 1 Nummer 1 BauGB und bedürfen daher keiner planungsrechtlichen Erleichterung für einen tierwohlgerechten Umbau. Nicht berücksichtigt wird die nicht-gewerbliche oder nicht privilegierte Tierhaltung (Hobbytierhaltung, Nebenerwerbslandwirtschaft, Landschaftspflege).

 VFD-Stellungnahme vom 22.11.2022:

An das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen

 im November 2022

Aktenzeichen: SI3-72054/7#3

 

Stellungnahme der Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer e.V. (VFD) 
zum Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der baulichen Anpassung 
von Tierhaltungsanlagen an die Anforderungen des 
Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes

Die Vereinigung der Freizeitreiter und –fahrer in Deutschland e.V. (VFD) vertritt die Interessen von privaten Pferdehaltenden oder Nebenerwerbsbetrieben. Viele unserer Mitglieder halten ihre Equiden (Pferde, Esel, Mulis) in tierschutzgerechten Offenstallanlagen und bewirtschaften ihre Weideflächen ökologisch. Im Rahmen des Vertragsnaturschutzes, bei Landschaftspflege und Naturschutzprojekten werden zahlreiche Dauergrünlandflächen offen gehalten und gepflegt. Wir schätzen, dass in Deutschland mindestens eine halbe Million Pferde nicht in landwirtschaftlichen oder gewerblichen Pensionsbetrieben bzw. in Vereinsställen untergebracht sind.  Die VFD verfolgt seit ihrer Gründung vor fast 50 Jahren das Anliegen, den Wandel der Tierhaltung in Deutschland – insbesondere der Equiden – hin zu artgerechteren, naturnahen Haltungsformen voranzutreiben. Daher begrüßen und unterstützen wir die Intention des vorliegenden Gesetzentwurfes.

Ein kohärentes Handeln im Sinne des Tierwohls und eine entsprechende Änderung des Baugesetzbuches fordern wir jedoch nicht nur für die gewerblichen Nutztierhaltungsanlagen, sondern auch für nicht-gewerbliche extensive Tierhaltungen oder Projekte der Landschaftspflege. Hier bedarf es über die in dem vorliegenden Gesetzentwurf enthaltenen Änderungen hinaus der Möglichkeit, dass eine tierschutzgerechte und naturschutzverträgliche, möglichst artgerechte Haltung auch für nicht-gewerbliche und nicht-landwirtschaftliche Tierhaltende baurechtlich zulässig ist.

In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass die Regelungen des BauGB vielerorts die art- und tierschutzgerechte Pferdehaltung massiv erschweren, da eine Pferdehaltung, die nicht im Sinne des BauGB als landwirtschaftlich eingestuft werden kann, nicht privilegiert im Sinne des § 35 BauGB ist. 
Daher bitten wir um eine entsprechende Ergänzung der Privilegierungstatbestände des § 35 (1), beispielsweise wie folgt: 

1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es … 

  1. der art- natur- und tierschutzgerechten Unterbringung von Weidetieren dient. Dies gilt auch für Tierhaltung, die weder der Land- noch der Forstwirtschaft zugehörig ist.

Diese Gründe sprechen dafür: 

  • Naturschutz: Die Artenvielfalt unserer Kulturlandschaft beruht zu einem beträchtlichen Teil auf extensiver Beweidung. Altes, artenreiches Dauergrünland (Weiden, aber auch Wiesen) ist bundesweit auf dem Rückzug und im Hinblick auf die Artenvielfalt schützenswert. Die Leistungen von Schafen, Ziegen, Rindern und Equiden in der Landschaftspflege sind in ihrer einzigartigen Wirkung durch maschinelle Pflege nicht zu ersetzen.

  • Tierschutz: Gemäß der Tierschutzgesetzes in Verbindung mit den Leitlinien zur Pferdehaltung des Bundeslandwirtschaftsministeriums[1] sollen alle Pferde zumindest über einen Witterungsschutz verfügen. Dafür sind Baugenehmigungen notwendig. 

  • Düngeverordnung: Auch Hobbyhaltungen müssen und wollen ihren Mist im Sinne der Kreislaufwirtschaft ordnungsgemäß lagern und kompostieren. Kreislaufwirtschaft schützt Böden, hält das Wasser sauber und schützt das Klima. Ohne Baugenehmigung ist das nicht möglich. 

  • Herdenschutz: Wir sind der Meinung, dass eine naturnahe Weidehaltung von Pferden trotz der Ausbreitung des Wolfes weiterhin möglich sein muss. Wir als Fachverband empfehlen für Pferde wolfsabweisende, aber nicht wilddichte Elektrozäune. Solche Zäune werden in einigen Bundesländern bereits finanziell gefördert. Der für den Herdenschutz notwendige Zaunbau erfordert allerdings zusätzlich die Aufhebung von baurechtlichen Beschränkungen, besonders für nicht-privilegierte Weidetierhaltungen.

Landschaftsbild: Dort, wo Behörden im Sinne der Pferde entscheiden (können), erfüllen Pferdehaltende gerne Auflagen zur Gestaltung bzw. Begrünung von baulichen Anlagen. Weidetierhaltung bereichert das Landschaftsbild.  Die vielzitierte „Zersiedelung der Landschaft“ ist daher nicht zu befürchten. Vielmehr sind Zäune ebenso wie Wege als liniengebende Brücken im Biotopverbundsystem zu betrachten.

[1] https://www.bmel.de/DE/themen/tiere/tierschutz/tierschutz-pferdehaltung.html

Quellen:

 2020 - Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Tierwohls in Tierhaltungsanlagen

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