Seit Jahren nehmen meine Geschwister und ich im Sommer am Fahrkurs der Fuhrhalterei Döring teil. Für uns ist die Woche immer ein besonderes und sehr schönes Ereignis.
Da wir im Norden Deutschlands leben, ist der Weg nach Zennern ziemlich weit. Und so beginnt unsere Reise schon um 06:00Uhr morgens. Wir müssen mit verschiedenen Zügen bis nach Zennern fahren.
Auf der Zugfahrt waren wir schon alle sehr gespannt, die Pferde wiederzusehen. Wie die Woche wohl werden würde, wer wird alles am Fahrkurs teilnehmen?
Endlich in Zennern angekommen, wurden wir zu unserer großen Freude von Götz abgeholt. Es war sehr warm und so mussten wir unsere Rucksäcke und unsere Zelte nicht zu Fuß bis zu dem Hof, auf dem Conny und Götz leben, tragen:).
Auf dem Hof angekommen, haben wir zuerst bei Conny und Götz zu Mittag gegessen.
Als wir dann die Zelte aufbauten, haben wir auch die ersten Kursteilnehmer kennengelernt. Wo wer sein Zelt aufbaute, machte keine Probleme und so waren alle mit ihrem Zeltplatz zufrieden. Die Wiese, auf der die Fahrkursteilnehmer jedes Jahr zelteten, befindet sich an einem kleinem Weg, der vom „Stallgebäude“, wo sich auch der Heuboden sowie ein Offenstall für die Shires befinden, zu den Offenställen der Ponies, der Friesen, eines Shirehorses, einer Bretonenstute und der Mulis(!) führt. Folgte man dem Weg weiter, so kommt man zuerst am Misthaufen vorbei und dann über eine weitere Wiese (dort hatte Anita, unsere Köchin, ihren Camper stehen, in dem sie auch schlief) zu den Weiden der Pferde. Auf denen stehen Apfel- und auch Birnenbäume , die eingezäunt sind. Schließlich endet der Weg bei einem Tor, das auf die Straße führte.
Nachdem alle Teilnehmer eingetroffen und jedes Zelt aufgebaut war (Conny hatte uns einen Hammer gebracht, damit wir die Heringe für die Zelte in den Boden hauen konnten), versammelten wir uns alle in einem Stuhlkreis in einem großen Durchgang im „Stallgebäude“, denn es war immer noch unglaublich warm und dort war ein schöner Durchzug, sodass es kühler war und man auch im Schatten sitzen konnte.
Dort stellten sich alle zuerst einmal vor und lernten dann auch die ersten wichtigen Dinge, die man wissen sollte. Conny und Götz zeigten uns die Kutschen, die sie zum Beispiel bei Hochzeitsfahrten benutzen, Geschirre, die sie besaßen, und - am aller wichtigsten - den Hof (den wir ja schon so lange kennen).
An den ersten beiden Tagen übten wir hauptsächlich am Fahrlehrgerät und lernten die Dinge, die in dem Schulungsheft standen (zum Beispiel die Achenbachgrundsätze), das Conny uns gegeben hatte. Conny und Götz erzählten uns zum Beispiel auch, warum es so wichtig ist, sich im Straßenverkehr so gut sichtbar wie möglich zu machen). Conny erklärte und zeigte uns die Fahrleinengriffe (zum Beispiel die Grundhaltung, die Dressurhaltung oder die Gebrauchshaltung, die Links- und Rechtswendung, etc.), die wir zum Fahren brauchen. Dabei ist sie sehr geduldig und es war überhaupt nicht schlimm, wenn mal etwas nicht klappte.
Morgens standen wir alle früh auf und fütterten zusammen mit Conny die Tiere. Danach brachten wir dann zusammen mit Götz und Conny die Pferde auf ihre Weiden und misteten anschließend die Ställe aus. Anita bereitete das Frühstück vor. Weil wir so viele waren, brauchten wir für das Säubern der Ställe aber nie lange.
Nach getaner Arbeit wuschen sich alle die Hände. Nur der Küchendienst, der immer aus zwei Personen bestand, ging früher als die anderen vom Misten weg.
Meistens halfen wir alle dem Küchendienst beim Tragen der Sachen. Um 8 Uhr morgens gab es Frühstück, wo wir alle zusammen, aber mit dem gebührenden Coronaabstand, unter einem Dach auf Bänken an Tischen saßen.
Nach dem Essen räumt der Küchendienst die Sachen wieder in die Küche und wischt die Tische ab.
Anschließend übten wir mit Conny am Fahrlehrgerät.
Und dann endlich durften wir mit den Pferden fahren. Wir wurden in zwei „Teams“ eingeteilt. Die jüngeren Kursteilnehmer durften mit den Ponies, während die älteren mit den Friesen fuhren. Conny fuhr dann mit uns zweispännig die Ponies und Götz zweispännig die Friesen. Das Aufschirren war schon aufregend, Götz konnte uns immer mal wieder etwas zeigen, aber es hat großen Spaß gemacht. Nachdem wir richtig angespannt hatten, brachten Conny und Götz uns bei, wie man die Leinen aufnehmen muss, damit man die Pferde auch halten konnte, wenn man noch nicht auf dem Kutschbock saß, sondern zum Beispiel beim Aufsteigen war. Einer musste immer vor den Pferden stehen und aufpassen, dass diese nicht losliefen und nichts passierte, bis er vom Kutscher gebeten wurde zur Seite zu treten, damit dieser losfahren konnte.
Das Fahren der Pferde war trotz aller Vorbereitung immer wieder ein Abenteuer für sich. Ich war immer irgendwie aufgeregt, weil ich nicht oft mit einer Kutsche fahre. Aber das wichtigste für mich war eigentlich, dass Conny und Götz sich nie haben aus der Ruhe bringen lassen, egal, ob man die Griffe, die wir ja vorher so oft am Fahrlehrgerät geübt hatten, falsch machte, oder ob sich die Pferde mal erschreckten, was aber nur sehr selten vorkam.
Und das erlaubte einem nicht nur, dass man ganz in Ruhe das Fahren lernen konnte, sondern, dass man, obwohl man immer auf die Pferde aufpassen musste, auch die Landschaft genießen konnte. Denn in Zennern gab es etwas, was für meine Geschwister und mich sehr ungewöhnlich war. Hügel! Wenn wir mit den Pferden am Rande von Zennern über die Wege fuhren, konnte man (für unsere Verhältnisse) unglaublich weit schauen. Die Aussicht war fantastisch, man konnte andere Dörfer, Wälder und Felder sehen, außerdem konnten wir an manchen Tagen auch ganz viele Störche sehen.
Beim Kutschefahren trugen wir außerdem immer einen Hut. Und obwohl die Sonne unablässig vom Himmel brannte und es sehr heiß war, konnte es die Stimmung nie trüben. Abends, gingen wir alle gemeinsam zusammen mit Conny immer zu einem Seitenarm der Eder, wo wir im eiskalten Wasser badeten und spielten. Götz erzählte uns so manches mal lustige Geschichten, bei denen man stundenlang hätte zuhören können.
Jeden Tag brachten Conny und Götz uns etwas Neues bei. Nachdem wir zum Beispiel die einzelnen Namen der Bestandteile der Geschirre gelernt hatten, verteilte Conny an uns Kärtchen, auf denen einige Namen jener Bestandteile standen. Diese sollten wir dann an die richtige Stelle am Geschirr legen. Conny brachte uns einmal einen Arm voller Pflanzen mit, wo wir dann giftige und ungiftige Pflanzen aussortieren sollten. So , machte das „viele“ Lernen sogar Spaß. Außerdem setzten wir uns oft auch untereinander zusammen und übten gemeinsam.
Bemerkenswert fand ich dabei, dass, obwohl wir alle aus den verschiedensten Gegenden kamen, wir uns trotzdem super verstanden haben, weder das Aussehen, noch das Alter, noch sonst irgendetwas spielte eine Rolle. Man war in einer Gesellschaft, in der man sich durch und durch wohlfühlen konnte. Und das trifft nicht nur auf diesen Fahrkurs zu, sondern auch auf alle Fahrkurse, die wir davor schon gemacht hatten.
Wenn wir gerade nichts zu tun hatten, spielten wir oft gemeinsam Uno oder Stadt-Land-Fluss. Und unsere Köchin kochte uns jeden Tag neues, leckeres Essen.
Im Laufe der Woche wurden wir immer besser im Fahren. Aber als dann der Prüfungstag gekommen war, waren alle Prüflinge schrecklich aufgeregt. Am Tag vorher säuberten wir die Pferdegeschirre und fetteten sie ein, die Kutschen putzen wir so sehr, dass sie am Ende wie neu aussahen.
Die Prüfung begann dann am Freitagmorgen. Wir standen früher auf und aßen auch früher. Dann putzen wir die Pferde und bereiteten alles vor. Unsere Prüferin kam mit einem Arm voller Pflanzen, die die Prüflinge erst einmal sortieren sollten. Anschließend erzählte uns unsere Prüferin viel zu diesen Pflanzen und erklärte uns zum Beispiel, wie man bei den verschiedenen Ahornarten, die es gibt, allein an den Blättern erkennen kann, welche giftig sind und welche nicht.
So wurde man bei der Prüfung nicht nur geprüft, sondern lernte auch noch etwas Neues.
Als dann am Ende alles ausgewertet war, gab die Prüferin die Ergebnisse bekannt: Jeder, der an der Prüfung teilgenommen hatte, hatte bestanden!
Gegen Abend wurden die Fahrkursteilnehmer dann nach und nach abgeholt. Meine Geschwister und ich blieben noch bis zum nächsten Morgen und wurden dann von Götz wieder zur Bahnstation in Zennern gebracht. Von dort fuhren wir - glücklich von der Zeit in Zennern - nach Hause.
Obwohl wir schon so oft an diesem Fahrkurs teilgenommen haben, haben wir immer wieder etwas Neues gelernt, immer wieder neue nette Menschen kennengelernt und immer wieder super viel Spaß gehabt.
Malin Strassburg
Erlebnisbericht von Lina:
"Noch nie zuvor saß ich auf dem Kutschbock und hielt die Leinen in der Hand. Doch nach dieser Woche kam es mir alles ganz natürlich vor …"
Ich heiße Lina, bin 14 Jahre alt, und habe den Fahrkurs geschenkt bekommen. Normalerweise fällt es mir nicht so leicht, neue Leute kennenzulernen. Ich wurde aber sehr freundlich in Empfang genommen und wir bekamen dann erst einmal eine Hofführung. Schon nach zwei Tagen war ich sehr gut angekommen, verstand mich mit den anderen Teilnehmern und fühlte mich wohl. Wir waren acht Jugendliche und zwei Erwachsene plus unsere Ausbilder Conny und Götz Döring. Die Pferde von Shire Horse über Friese bis zu Welsh-Pony waren alle sehr lieb und halfen mir geduldig, das Fahren zu lernen.
Die jüngeren Teilnehmer, also auch ich, fuhren mit den Welsh A-Ponys und die älteren mit den Friesen. Aber ich durfte auch mal die Friesen fahren. Das bot mir Abwechslung und man lernte, mit verschiedenen Pferde-„Persönlichkeiten“ zurechtzukommen. Wir fuhren Zweispänner, doch auch einmal Einspänner, um auch das kennenzulernen. Während unseres Kurses gab es auch ein paar Kutschfahrten für Gäste. Hierfür wurden die Shire Horses angespannt.
Die Pferde und Ponys waren sehr brav und gaben mir ein gutes Gefühl. Und wenn ich mit Conny oder Götz auf dem Kutschbock saß, fühlte ich mich auch durch sie sehr wohl. Nachdem ich für mich angekommen war, fühlte ich mich auf dem Hof wie zu Hause. Die Fuhrhalterei ist ein Hof, auf dem außer dem Fahren auch Gemüsebau und Hühnerhaltung betrieben werden. Der Hof wird von Götz, Conny, ihrem Sohn und dessen Lebensgefährtin und einigen Helfern bewirtschaftet. Das macht es sehr familiär – auch für die Teilnehmer.
Morgens halfen alle zusammen bei der Stallarbeit. Dann gab es ein kräftigendes Frühstück und meistens eine Kutschfahreinheit. Vor jedem Kutschefahren übten wir die Leinenhaltung an einem Fahrlehrgerät, damit blutige Anfänger wie ich die Pferde und Ponys nicht im Maul verletzen. Danach gab es ein gutes Mittagessen - von einer der Kursteilnehmerinnen, die supergut kochen konnte und jeden Wunsch erfüllte. Als nächstes stand Theorie auf dem Plan, zum Beispiel über Benno von Achenbach, den Erfinder der pferdefreundlichen Fahrlehre. Und danach ging es nochmal zu den Ponys und Pferden auf den Kutschbock. Dann gab es die letzte köstliche Mahlzeit am Tag. Danach lernten wir zusammen, spielten Gemeinschaftsspiele oder gingen in der Eder baden. Die gemeinsamen Abende gefielen mir immer sehr gut. Und wie es sich für ein Camp gehört, übernachteten wir in unseren Zelten.
Achenbach hatte als Kind schon Pferde- und Kutschenkontakt und erlebte leider auch viele unschöne Dinge, was die Pferde betraf. Und so kam es, dass er seine pferdefreundliche Fahrlehre entwickelte. Ich danke Herrn Achenbach, dass er dieses pferdefreundliche Fahren „erfunden“ hat und dass Conny und Götz ihren Schülern dieses beibringen! Mir ist es auch sehr wichtig, dass es den Pferden und Ponys immer gut geht! Und das ist bei den Dörings auch der Fall!
Ich bin Reiterin und als ich das erste Mal am Fahrlehrgerät saß, war ich total verzweifelt und dachte, ich würde die Leinenhaltung niemals lernen. Doch Conny und Götz erklärten sie mir immer wieder und gaben mir viele hilfreiche Tipps. Auch die anderen Fahrteilnehmer – viele von ihnen waren schon öfters hier gewesen und konnten schon Kutsche fahren – halfen mir viel und unterstützten mich beim Lernen. Auch z.B. beim Saubermachen der Kutschen und Fetten der Geschirre vor der Prüfung hatten wir alle viel Spaß. Ich mache mir, was Prüfungen betrifft, oft Sorgen. Doch wir wurden sehr gut von Conny und Götz vorbereitet und andere Kursteilnehmer lernten mit mir zusammen. Die Prüfung lief so ab, dass wir alle zuerst von der Prüferin mitgebrachte Pflanzen in giftig und nicht giftig sortieren mussten. Dann wurde geputzt, aufgeschirrt und angespannt und das Fahren mit der Prüferin begann. Danach aßen wir alle zusammen zu Mittag und schließlich war der letzte Teil der Prüfung, die Theorie, dran. Es war keine typische, angespannte, stressige Prüfungssituation, sondern locker und freundlich. Das gefiel mir sehr gut und machte einen nicht so hibbelig. So bestanden alle Teilnehmer!
Generell war eine sehr schöne Stimmung und es wurde viel gelacht. Ich würde mir wünschen, nächstes Jahr auch wieder zu kommen und auch unabhängig davon mit dem Kutschefahren in Kontakt zu bleiben. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so locker und entspannt „herumkutschieren“ kann. Es war ein unglaublich tolles Erlebnis für mich!
Deshalb: Vielen herzlichen Dank an die VFD, die allen Teilnehmern die Prüfungsgebühren gesponsert hat!
Lina Direske