Nach der letztjährigen Alpenüberquerung im Sattel unternahm Kordula Sengmüller aus Gennachhausen (bei Kaufbeuren im Allgäu) dieses Jahr im August mit ihrem Welsh-Cob-Gespann und ihrer bewährten Bei- und Mitfahrerin Karin Keller aus Huglfing eine 6-tägige Wanderkutschfahrt vom Voralpenland bis ins Ammergebirge Die beiden Welsh-Cob-Stuten Kurbaums Carina und Kurbaums Cara mia, mittlerweile 15 und 14 Jahre alt, hat Kordula Sengmüller als Jungpferde aus Westfalen geholt. Die beiden Stuten (Vollschwestern von Tynged Calon Lan aus der Derwen Today) haben ihre Leistungsbereitschaft nach der Fahrsportkarriere bereits auf vielen Wanderritten und –fahrten bewiesen.

Die Gesamtstrecke der Wanderfahrt führte über gesamt ca. 220 km durch herrliche Landschaften und vorbei an einigen kulturellen Sehenswürdigkeiten.
Bis auf einen regnerischen Vormittag spielte das Wetter wunderbar mit, herrliches Sommerwetter, nicht zu heiß, ideal für die Tour. Teilweise wurden die Insekten unangenehm, aber dafür hatten wir unsere bestens bewährten Fahr-Fliegendecken und Gesichtsmasken dabei, die wir nach Bedarf auflegten.
Den bestens trainierten und vorbereiteten Pferden machten die Tagesetappen zwischen 27 – 44 km und die vielen Höhenmeter (über den Tag verteilt ging es bis zu 780 Höhenmeter hinauf und 630 Höhenmeter hinunter) nichts aus. Sie waren topfit und mit Freude dabei.

Die Stuten wurden täglich umgespannt, um eventuellen einseitigen Belastungen vorzubeugen.
Die Fahrstrecken wurden anhand topographischer Karten (Maßstab 1:50.000) geplant, einige Etappen zuvor mit dem Fahrrad bzw. zu Fuß erkundet. Denn im Bergland kann man nicht so leicht einen anderen Weg finden, wenn der geplante nicht für eine Kutsche passierbar ist. Ein Großteil der Strecke führte über gekieste Feld- und Forstwege.
Es ließ sich jedoch nicht vermeiden, etliche Kilometer auf asphaltierten Wegen zu fahren. Aber da das Tempo auf einer Wanderfahrt eher ruhig ist und Fahrpferde auch auf harten Wegen trainiert sein sollten, war dies überhaupt kein Problem. Dafür entschädigten die herrlichen Naturkulissen.

Die geplanten Quartiere, alles private Pferdeleute, waren mir z.T. durch Wanderritte und –fahrten bereits bekannt und langfristig verständigt worden.
Die Kutsche, eine Freizeit-Wagonette, wurde mit den notwendigen und sinnvollen Utensilien (z.B. auch Wasserkanister, falls keine Tränkmöglichkeit gefunden wird) bepackt und so konnte es losgehen.

Beschreibung der Tagesetappen:

1. Tag:
Los ging es am Stall in Gennachhausen (Nähe Kaufbeuren im Allgäu), durch den südlichen Teil des Sachsenrieder Forstes weiter zum Lech. Nach Überquerung des Lechs rasteten wir an einer Alm, wo wir den Pferden mit dem Wanderreiterzaunset eine kleine Koppel zäunten. Die Nachmittagsetappe führte bei herrlichem Bergblick auf die Alpenkulisse nach Rottenbuch/Schmautzenberg zu einem auf der Höhe gelegenen Reit- und Fahrstall mit herrlicher Aussicht.

2. Tag:
Da das Wetter herrlich und die Stuten topfit waren, haben wir beschlossen, einen Umweg über die Wieskirche zu fahren. Die Region zwischen Wildsteig und Wieskirche war enorm hügelig, es ging ständig bergauf und bergab. Das hieß natürlich für die jeweilige Beifahrerin immer Fußmarsch.
An der Wieskirche haben wir natürlich fotografiert, waren andererseits auch beliebtes Fotomotiv bei den Touristen, besonders die Japaner waren begeistert.

Alpenkutschfahrt mit Welsh-Cobs ins Ammergebirge

Nach der Wieskirche trafen wir nur noch auf vereinzelte Wanderer und Radler und unser Weg führte in den Ammergauer Forst hinein auf das Königssträßle bis nach Unternogg.
Auch hier erfragten wir ein Plätzchen, um den Pferden ein Stück Wiese einzuzäunen für die Mittagspause und gönnten uns die am Morgen vorbereitete Brotzeit.
Um Höhenmeter zu vermeiden, wollte ich dann vom mir vom Reiten bekannten Weg Richtung Oberammergau abweichen, und vor Altenau gleich an der Ammer entlang fahren. Leider ging der Forstweg nach ca. 2 km in einen schmalen Wanderpfad über. Dies war das einzige Mal auf der Tour, dass wir umdrehen und eine Alternative wählen mussten. Ein kleines Sträßchen führte uns parallel zur Straße dann schließlich in ein reizvolles, etwas überschwemmtes Moosgebiet mit festem Kiesweg. Gut, wenn Pferde da problemlos durch Wasser gehen. Auch gibt es in dieser Region viele Bäche, die direkt über den Weg laufen, es ist also häufig eine kleine Furt zu passieren, kein Problem mit diesen Pferden, sie haben viel Erfahrung.

Alpenkutschfahrt mit Welsh-Cobs ins Ammergebirge
























An der Halbammer

In Oberammergau kannten sich die Pferde bereits gut aus, wir waren im Vorjahr bei der Alpenüberquerung und auch im Frühsommer auf einem 4-tägigen Ammergebirgsritt bereits dort. In der einfachen Wanderreiterunterkunft breiteten wir unsere Schlafsäcke aus. Wir hatten uns für die Verpflegung dort eigentlich Brotzeit mitgebracht, aber es kam dann spontan zu einem Grillabend, auf dem beschlossen wurde, dass der Stallbesitzer uns am nächsten Tag bis Schloss Linderhof mit seinem Gespann Süddeutscher Kaltblüter begleitet, zusammen mit einem Spezl, einem 80jährigen Haflingerfahrer aus Graswang und einer jungen Dame aus dem Stall.

3. Tag:
Am Morgen starteten wir somit mit 2 Gespannen und einer Reiterin vom Stall entlang der Ammer durch Oberammergau und weiter ins Graswangtal.

Alpenkutschfahrt mit Welsh-Cobs ins Ammergebirge

Vorbei an den Ammerquellen führten uns herrliche Forstwege zur Kapelle Dickelschwaig mit dem denkmalgeschützen Forsthaus. In Graswang bogen wir in einen wunderschönen Forstweg Richtung Schloss Linderhof ein.
Nun ging es stetig bergan. Unser Gespann war prima trainiert, marschierte fleißig voran, die jeweilige Beifahrerin bergauf wie immer zu Fuß. Das Kaltblutgespann war nicht so trainiert, so blieben wir immer mal wieder stehen, damit diese Pferde durchschnaufen konnten.
Dann war die Höhe erreicht, es ging hinunter in den Schlosspark von Linderhof, direkt vor dem Schloss durch. Ein obligatorischer Fotostopp war hier vonnöten, wir sind ja auch „Touristen“, wenn auch nicht mit dem Bus angereist. Vorsichtshalber hatten wir natürlich Schäufelchen und Besen dabei, um eventuelle Hinterlassenschaften beseitigen zu können.

Alpenkutschfahrt mit Welsh-Cobs ins Ammergebirge
Das Gespann steht direkt vor dem Schloss!

Hinter der Gastronomie von Schloss Linderhof, Richtung Parkplätze, gab es ein Fleckchen Wiese, auf dem wir ausspannen konnten und die Pferde an Bäumen angebunden mit dem mitgebrachten Heu versorgen konnten. Ein Brunnen war unmittelbar daneben, von dem wir Wasser holen konnten.

Nach dieser Rast trennten sich unsere Wege, die Oberammergauer wollten auf anderem Weg zurück und wir weiter zum Plansee. Unser Forstweg führte noch etliche Kilometer weiter bergauf, bis zum Sägertalbach. Dort gibt es parallel zur Straße keinen Forstweg mehr, wir mussten also auf die Straße. Wir zogen unsere neongelben Wanrwesten an, um gut gesehen zu werden und fuhren neben einem Wildbach her Richtung Plansee. Da an diesem Tag in Bayern Feiertag war, überholte uns viel Ausflugsverkehr, Autos, Cabrios, Oldtimer und Motorräder. Kein Problem mit verkehrssicheren Pferden, wichtig ist es, gesehen zu werden. Auf dieser Strecke passierten wir die Grenze nach Österreich, es ging über den Gebirgspass Ammersattel mit fast 1.200 m. Von da an führte die Straße beidseitig eingerahmt von hohen Bergen mit leichtem Gefälle bis zum Plansee. Dieser Gebirgsee liegt wie ein türkisblauer Fjord mitten in den Bergen. Jetzt in der Hochsaison war am Nachmittag viel Betrieb mit Ausflüglern, Badegästen und Tauchern, abends kehrt dann Ruhe ein, man hört nur noch Kuhglocken und sieht einen einsamen See. Wir fanden Quartier auf der Musteralm am Plansee, wo ich ebenso bereits im Vorjahr und im Frühsommer war. Die Pferde konnten auf die gewohnte Almwiese, wir bezogen ein gemütliches Zimmer. Die Gastronomie dort ist auch äußerst empfehlenswert.

4. Tag:
Wetterumschwung!
In der Früh bedeckt, aber trocken, während des Frühstücks fing es an zu schütten. Wir beschlossen, den Vormittag abzuwarten, vielleicht läßt es nach. Ein Anruf an der nächsten Station, dass wir erst am späten Nachmittag zu erwarten sind. Gegen 11 h brechen wir bei Nieselregen auf.

Alpenkutschfahrt mit Welsh-Cobs ins Ammergebirge

























Auch die wolkenverhangene Bergkulisse entlang der Plansee-Uferstraße hat ihren besonderen Reiz.

Alpenkutschfahrt mit Welsh-Cobs ins Ammergebirge

Als wir den Plansee hinter uns gelassen haben, entdecken wir hinten auf unserer Abdeckplane einen „Planensee“, den wir nun getrost ausleeren können, es hat aufgehört zu regnen, der Himmel zeigt blaue Flecken, die ersten Berggipfel zeigen sich wieder. Vorbei geht’s an kleinen Kapellen. Über den kleinen Pass Roßrücken hinüber haben wir einen weiten Blick über den Talkessel von Reutte in Tirol und ins Lechtal. Die Straße führt uns hinab in kleine Ortschaften am Rand von Reutte und weiter auf ein romantisches Sträßchen entlang eines kleinen Baches mit Stausee, der sich als Wasservogel-Paradies zeigt. Am Orteingang von Pflach bewundern wir eine schöne alte Kirche aus dem Jahr 1515. Kurz müssen wir auf die Ortsstraße, bevor wir abzweigen Richtung Kniepaß, der mit einer Steigung von 10% wieder Zugleistung von den Pferden abverlangt. Wir haben Ausblick ins Lechtal, dann geht es hinunter Richtung Pinswang. Wir rasten am Reitstall in Schluxen, bekommen Heu und Wasser für die Pferde, und verspeisen unsere Brotzeit. Nun können auch die letzten Regensachen ausgezogen werden und es geht kurzärmelig weiter. Der nächste Anstieg steht bevor, es geht hinauf zur Fürstenstraße zur Grenze nach Deutschland.


Alpenkutschfahrt mit Welsh-Cobs ins Ammergebirge






















In einigen Serpentinen führt der Weg bei herrlicher Aussicht hinauf zur Grenze, die mit einer
Schranke versperrt ist. Nachdem ich diesen Bereich zu Fuß recherchiert hatte, war das keine Überraschung. Einen Schlüssel zu besorgen, wäre recht umständlich für uns gewesen. Und nachdem neben der Schranke zwar zuwenig Platz ist, um mit der Kutsche durchzufahren, aber genug, um eine ausgespannte Kutsche ohne Deichsel durchzuschieben, wurde hier ausgespannt und die Pferde an der Schranke angebunden. Wir schoben die Kutsche durch und spannten nach der Grenze wieder ein. Die Fürstenstraße führt vorbei am Alpsee nach Hohenschwangau mit den Königsschlössern Hohenschwangau und Neuschwanstein. Ein Foto mit unserem Gespann und Schloss Hohenschwangau durfte da nicht fehlen. Bei der Fahrt durch den Ort trafen wir einige der Gespanne, die die Touristen zum Schloss Neuschwanstein hoch bringen. Wir konnten den Ort auf einem Kiesweg Richtung Pöllatschlucht verlassen und entlang des kleinen Flusses Richtung Schwangau fahren. In Höhe der Colomankirche verließen wir den Feldweg für ein Foto vor der Colomankirche mit Alpenkulisse.


Alpenkutschfahrt mit Welsh-Cobs ins Ammergebirge

Kurz danach erreichten wir unser Quartier beim Ponyhof in Schwangau/Brunnen, direkt am Forggensee. Die Pferde bekamen eine Koppel, wir richteten uns mit unseren Isomatten und Schlafsäcken im Reiterstübchen ein.

5. Tag:
Morgennebel, keine Sicht!
Bis wir aufbrechen, hat sich der Nebel vollends gelichtet und wir fahren ans Forggenseeufer, wo wir am Vorabend einen guten Fotoplatz erkundet haben. Nach gegenseitigen Bildern (jede will ja mal auf dem Bild sein mit Gespann) fahren wir zwischen Bannwaldsee und Forggensee entlang, vorbei an idyllischen kleinen Weihern.



















Als wir wieder auf die Höhe kommen, können wir wiederum Postkartenmotive fotografieren, Gespann vor Alpenkulisse mit blauem Himmel und dekorativen weißen Wölkchen. Herrlich, auch wenn man’s kennt. Weiter geht’s entlang des Illasbergsees, einem Ausläufer des Forggensees, und dann verlassen wir nach der Staustufe des Forggensees den Bereich des Lechs und wenden uns in Richtung Auerberg, den wir schon von weitem sehen können. Neben einem reizvollen See finden wir unter großen Bäumen einen schattigen Rastplatz, wo wir die Pferde an der Kutsche anbinden und Heu füttern. Auf der Weiterfahrt auf die Höhenrücken vor dem Auerberg überwältigt uns das Panorama, wir können in weiter Ferne die Wieskirche erkennen und im 180° Rundumblick können wir sehen, wo wir in die Alpen hineingefahren sind und wo wir wieder herausgekommen sind. Beeindruckend.
Bei einem befreundeten Landwirt kommen wir unter, für die Pferde hat er eine traumhafte Koppel mit Wäldchen vorbereitet, für uns ein Gästezimmer. Wir verbringen einen geselligen Abend. Im Abendlicht hebt sich die Auerbergkirche gegen den Himmel ab.

6. Tag:
Heute ist Hitze angesagt.
Nachdem die Pferde topfit sind und wir eher ständig den Vorwärtsdrang bremsen mussten, beschließen wir angesichts der heutigen Etappe von nur 27 km, ohne Pause bis heim durchzufahren. Dann sind wir vor der großen Hitze daheim.
So starten wir zeitig und kommen gut voran, die Pferde wissen, dass es nicht mehr weit ist und sind lauffreudig. Vorbei an kleinen Weilern sind wir auf kleinen Straßen und Feldwegen unterwegs, kleine Weiher säumen den Weg. Dann noch durch’s Gennachmoos, und unser Start- und Zielort ist in Sicht.
Nach dem Abspritzen galoppieren die Stuten freudig auf die Koppel hinaus, es ist von einer großen Tour nichts anzumerken, auch die Figur hat sich nach dem ersten Tag nicht mehr verändert. So macht Reisen mit Pferden Spaß. Gemeinsam räumen wir unser Equipment noch auf und dann verabschiedet sich meine Mit- und Beifahrerin nach Hause.

Das wird sicher nicht unsere letzte größere Tour mit der Kutsche sein, mal schauen, wie es im nächsten Jahr beruflich und gesundheitlich läuft, und was wir unternehmen können.

Im nächsten Jahr möchte ich auf jeden Fall eine längere Reise in den Bergen mit Reit- und Packpferd unternehmen, sofern ich und meine Pferde gesund und fit bleiben.

Text und Fotos: Kordula Sengmüller

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