Unser VFD-Mitglied Renate Vanselow (Leiterin VFD-Arbeitskreis Umwelt), hat bereits die 3. Auflage ihres Buches herausgebracht.

Erkrankungen von Pferden auf Gras sind heutzutage nicht selten. Die Symptome reichen von Hufrehe bis zu tödlichen Vergiftungen. Die Ursachen bleiben oft unklar. Galten bisher Fruktane, also pflanzliche Zucker, als Ursache vieler Erkrankungen, so zeigt die Autorin Schwächen der Fruktan-Hypothese auf. Bisher in Europa weitgehend unbeachtet sind die natürlichen, giftigen Resistenzen der wichtigsten Zuchtgräser, die gleichzeitig heimische Wildgräser sind. Das Buch stellt daher umfangreiches Wissen allen fachlich Interessierten zur Verfügung.
Neu aufgenommen wurden außerdem:
• konkrete Vergiftungsfälle, die das Thema anschaulich abrunden
• ein bebilderter Bestimmungsschlüssel, der hilft, die fraglichen Gräser im blütenlosen Zustand zu erkennen.

Info: Das Buch ist unter anderem direkt im Westarp-Verlag sowie über Amazon und den Buchhandel für 19.95 Euro erhältlich. ISBN: 9783894321123
Verlag und Autorin haben der VFD mehrere Bücher von Renate Vanselow als Preise für das monatliche Internetpreisrätsel des Arbeitskreises Marketing zur Verfügung gestellt. Dafür danken wir ganz herzlich.

Anlässlich der Herausgabe der 3. Auflage führte Angelika Hoyer ein Interview mit der Fachfrau.
1. Du bist seit vielen Jahren eine bekannte Fachfrau besonders unter Pferdeleuten und als freiberufliche Biologin tätig. Seit wann (bzw. warum) beschäftigst du dich so intensiv mit Ursachen und Auswirkungen von Fruktanen und Endophyten in Weidegräsern?

Mit Fruktanen und der Zucht von Hochleistungsgräsern für Milchvieh beschäftige ich mich, seit ich an der Landwirtschaftskammer 2001 die Futteransprüche der modernen Milchkühe kennen gelernt habe. Damals dachte ich, ich höre nicht richtig, hatten doch in meiner Kindheit Milchkühe und Pferde noch einträchtig zusammen auf einer Weide gestanden, ohne dass der eine verhungerte oder der andere verfettete. Nun sah ich mich im Geiste mit einer Schubkarre voll Futter zur Milchkuh gehen in der Sorge, sie könne zu wenig bekommen und mit einer Handvoll zum Tinker daneben mit den Bedenken, ob diese Handvoll wohl Hufrehe auslösen könne. Bei dieser Vorstellung war für mich augenblicklich klar, hier hat sich so dramatisch etwas verändert, das passt nicht mehr zusammen. Endophyten kamen erst 2007 mit einem tödlichen Vergiftungsfall bei Hamburg zu mir, weil plötzlich die Frage an mich als Pflanzenphysiologin im Raum stand, wie es angehen könne, dass schnödes Gras eine derartige Vergiftung verursachen könne.

2. Sollten sich mit Deinem Buch „Giftige Gräser auf Pferdeweiden“ auch Tierhalter befassen, die ihre Pferde in Eigenregie halten oder bei einem Landwirt in Pension haben? Begründung bzw. wer noch?

Dieses Buch sollten alle Pferdehalter lesen, denen das Wohl ihrer Pferde am Herzen liegt – egal ob in Eigenregie gehalten oder in Pension. Ohne Hintergrundwissen kann ich mein Pferd nicht vor Schaden schützen. Die Gifte finden sich in bestimmten Stresssituationen vermehrt im Gras, zu anderen Zeiten kann das gleiche Gras völlig ungefährlich sein. Nur einige der vielen bei uns heimischen Grasarten sind bisher durch hohe Giftgehalte aufgefallen. In Silage bleibt der Giftgehalt deutlich höher als im Heu, aber auch Grünmehl (in Pellets) und Cobs können Gifte enthalten, wenn die entsprechenden Grasarten verwendet wurden. Besonders tückisch: Die Gifte sind im Fettgewebe nachweisbar. Es ist davon auszugehen, dass dicke Pferde, die Gifte im Fettgewebe eingelagert haben, sich bei Diät (Fettabbau) durch Freisetzung der Gifte selber vergiften – z.B. im Winter, wenn gutes Heu gefüttert wird. Da die Gifte auf das Hormonsystem wirken, ist damit zu rechnen, dass die Gifte im Fettgewebe den gesamten Hormonhaushalt beeinflussen und möglicherweise chronisch zu schweren Stoffwechselstörungen führen, vermutlich z.B. zu Symptomen, wie wir sie vom Cushing-Syndrom her kennen. Daran sollte auch beim Kauf eines dicken Pferdes gedacht werden und das Abspecken sehr behutsam und aufmerksam geschehen. Treten Vergiftungssymptome auf, ist ein Abbruch der Diät oder zumindest eine Verzögerung des Fettabbaus zu überdenken, um den Stoffwechsel im Giftabbau zu unterstützen und eine Leberschonbehandlung und Entgiftung einzuleiten.

3. Wenn Veranstalter oder Höfe nach der Lektüre mehr zu den Risiken für die Tiergesundheit wissen oder erklärt haben möchten, kommst du dann für Seminare mit Praxisschulung vor Ort?

Selbst verständlich. Im Sommer stehen dabei oft die Grünlandbegehungen bzw. Exkursionen mit Pflanzenbestimmung im Mittelpunkt, im Winterhalbjahr bringen viele Seminarteilnehmer ihr Heu mit um zu erfahren, wie geeignet es für die Pferde ist. Neben der hygienischen Qualität spielt dabei die Pflanzenzusammensetzung und der Schnittzeitpunkt die wichtigste Rolle. Manchmal sind die Pferdehalter auch besorgt wegen möglicher Giftpflanzen wie Jakobs-Kreuzkraut. Solche Pflanzen können selbstverständlich ebenfalls frisch oder getrocknet aus Heu oder Silage mitgebracht werden. Pferdehalter können mir aber auch unabhängig von Seminaren fragliche Proben von Heu, Heulage oder Frischpflanzen nach Ankündigung per Post zusenden. Ich schaue dann, wie die Pflanzenzusammensetzung ist, bestimme also Gräser und Kräuter, und teile dann mit, wie die Futterqualität ist und was für mögliche Probleme durch Gifte in Kräutern und Gräsern auftreten können.

4. Die VFD unterstützt derzeit weiter gehende wissenschaftliche Untersuchungen zu den im Buch angerissenen Problemen. Ist noch dieses Jahr mit einer Veröffentlichung der Ergebnisse zu rechnen?

Damit rechne ich nicht mehr in diesem Jahr. Wissenschaftliche Untersuchungen sind etwas Langwieriges. Sie brauchen eine sehr lange Vorbereitungsphase und der Ausgang ist immer ungewiss. So sehr ich mir schnelle und viele Ergebnisse auf die vielen Fragen wünsche, so gut weiß ich als Wissenschaftlerin, dass gut Ding Weile braucht. Aber nach dem Motto „was lange gärt wird endlich gut“ bin ich zuversichtlich, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann Wissenschaftler uns unsere drängenden Fragen beantworten.

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