Bremsenfallen – Segen oder Fluch?
Ein großer schwarzer Ball am Galgen mit Regenhut. Bremsenfallen (auch Tabaniden-Fallen genannt) sieht man seit ein paar Jahren auf oder an Pferdekoppeln. Im Zuge der Diskussion um den massiven Rückgang der Insekten in Mitteleuropa wurden diese, laut Hersteller spezifisch auf Bremsen-Arten wirkenden Fallen, zunehmend hinterfragt.
VFD Projekt „Insektensterben + Bremsenfallen“ Zwischenergebnisse:
Die VFD-Projektgruppe „Insektensterben + Bremsenfallen“ arbeitet seit 2017 mit Wissenschaft, Naturschutzverbänden und Behörden zusammen an Lösungen. Die Projektgruppe arbeitet Ergebnisse aus der Forschung leserfreundlich auf, um diese mit Quellen online zu stellen. Wie der VFD-Beitrag 2017 zu ökologisch bedenkliche Insektenfallen - Klebe- oder Kleisterfallen. Wir erarbeiten "Gebrauchsanweisung" für Pferdehalter, um für Pferde schädliche Insekten möglichst selektiv auszuschalten oder Pferde alternativ umweltfreundlich vor Insekten zu schützen.
Wir halten es für sinnvoll die Bremsenfallen in ihrer Anwendung und Wirkung, unter den unterschiedlichsten Bedingungen in Tierhaltungen, weiter kritisch zu überprüfen. Wobei wir denken, dass dabei Fallen, die in den Betrieben bereits eingesetzt werden, im Fokus stehen sollten. Die Vereinigung der Freizeitreiter und -fahrer in Deutschland e.V. (VFD) steht sehr gerne für weitere Forschung oder Praxistests zu Verfügung.
Wirksamkeit abhängig von der Pferdezahl - Sowohl Berichte von Pferdehaltern als auch die Ergebnisse der kürzlich vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) veröffentlichten Studie belegen, dass offenbar die Wirksamkeit der Bremsenfallen auf Bremsen-Arten sehr unterschiedlich ausfällt. Warum das so ist, wird sich ohne eine hohe Anzahl an Stichproben kaum klären lassen, da die wirksamen Faktoren vielfältig sein werden und möglicherweise je nach Bremsen-Art variieren können. Es gibt neben dem Aufstellort der Falle und der Lage zur vermuteten Anflugrichtung einen Faktor, der sich in allen Pferdehaltungen auswirkt: die Anzahl der Pferde. Der AK Umwelt vermutet, je mehr Pferde sich im Wirkungsbereich der Falle aufhalten, desto geringer ist die Fängigkeit. Warum? Eine Bremsenfalle, deren Wärme abstrahlender Ball sich leicht im Luftzug bewegt, soll den Bremsen ein Pferd vorgaukeln. Stehen nur zwei Pferde im Wirkungsbereich der Falle, so beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Bremse sich „irrt“ 33 %, stehen aber zehn Pferde um die Falle so sind es nur noch 9 %. Pferdehalter sollten sich fragen, ob sich für die Pferde dann überhaupt noch ein Nutzen der Falle ergibt.
VFD-Regeln für Bremsenfänge mit minimiertem Beifang:
- Falle nur in der Bremsensaison aufstellen (ca. Mitte Juni bis Mitte September) und den Inhalt täglich kontrollieren. Im Spätsommer abbauen, wenn nur noch vereinzelt Bremsen drin sind.
- Falle nur über kurzrasigem Bewuchs aufstellen.
- Falle nur so aufstellen, dass sie die meiste Zeit des Tages in der Sonne ist, d.h. möglichst entfernt von Gehölzen.
- Fangflüssigkeit mit Spülmittel, Seife ohne Duftstoffe (z.B. Neutralseife) versetzen.
- Fangflüssigkeit alle 3 Tage, bei hohen Temperaturen täglich wechseln.
- Fanggefäß nachts auf den Boden stellen, ebenso an kühlen Tagen, an denen keine Bremsen fliegen.
- Fanggefäß auch ohne Fangflüssigkeit nicht in der Falle belassen, das Fanggefäß ist auch ohne Flüssigkeit darin für die Insekten eine Falle!
Alternativen:
Insekten können uns und unseren Pferden die Sommersaison gründlich verderben. Je nach Wetterlage und Region ist ein entspannter Aufenthalt im Freien für Mensch und Tier oft nicht möglich. Die summenden, stechenden und beißenden Plagegeister zwingen unsere Pferde zum Kopf- und Schweifschlagen, treten und sogar zum Wegrennen. Pferde mit Sommerekzem sind häufig extrem gestresst, ohne geeigneten Schutz vor Insekten scheuern sie sich sogar blutig. Panische Pferde können Zäune durchbrechen oder so lange laufen, bis sie bei großer Hitze einen Kreislaufkollaps erleiden.
Auf der Suche nach geeigneten Lösungen die Insekten von unseren Pferden fernzuhalten bieten sich zahlreiche Möglichkeiten an. Hat man Einfluss auf die Weide-Auswahl, sollte man während der Hauptinsektenzeit Weiden am Waldrand und in der Nähe von stehenden Gewässern meiden. Weideunterstände mit einfachen bunten Flatterbändern haben sich als Rückzugsort bestens bewährt. Auch Vorhänge oder Fahnen, die einfach in Bäume gehängt werden, werden von den meisten Pferden nach kurzer Eingewöhnung gern angenommen, sie stellen sich darunter und lassen sich so die Fliegen verjagen..... weiterlesen hier
Holunder, Nussbaum und Lavendel… das reduziert die Fliegenanzahl auch… und das ohne Chemie.
„BremsenfreiDankZebrastreifen“ von Svea Wrangelheim
Pferdemalfarbe: Die Pferdemalfarbe „Bremsenfrei dank Zebrastreifen“ war das Original aus Deutschland, welches im Jahr 2013 von Svea Wrangelheim erfunden wurde. Die Pferdemalfarbe bestand hauptsächlich aus reinster Tonerde und wurde primär zum Auftragen auf das Pferdefell verwendet. Aufgrund des Zeichnens von Streifen in der Art eines Zebrafells mittels der Pferdemalfarbe, werden Pferde vor den beißenden Bremsen und somit deren Stichen bewahrt.
Die Farbe war PH-Pferdehautneutral, kein wärmendes, textiles Gewebe an heißen Sommertagen, keine Insektenfallen notwendig, leicht aus Kleidung auswaschbar, keine chemischen Zusätze, Paraffine oder Öle, geruchlos, kein unangenehmes Aufsprühen auf das Fell, auch Kinder können damit ihre Ponys/Pferde bemalen, eine auf das Streifen abgestimmte Pinselflasche war erhältlich, zu Lehrzwecken, z.B. aufzeichnen der Anatomie oder künstlerischer Bemalung geeignet.
"Bremsenfallen" – ein überflüssiger (und wahrscheinlich illegaler) Beitrag zum Insektensterben
Im März 2020 erschien ein Beitrag über eine Studie in der Zeitschrift Natur und Landschaft[1] vom Bundesamt für Naturschutz: Wie effektiv und selektiv dieser Fallentyp ist, wurde in einer in diesem Beitrag vorgestellten Studie untersucht. Hierzu wurden sechs Fallen im Kreis Gütersloh und eine Falle in der Stadt Bielefeld (NRW) von Mai bis Oktober 2017 einmal wöchentlich geleert und der Fang wurde im Labor bestimmt. Insgesamt wurden 53438 Individuen aus verschiedenen Gruppen der Gliederfüßer (Arthropoda) gefangen, davon 80 - 95 % Dipteren (Zweiflügler). Die Fallen fingen insgesamt nur wenige Individuen der Bremsen (< 4 %), darunter kein einziges Individuum der Pferdebremse (Tabanus sudeticus). Bremsenfallen entnehmen nicht nur eine große Menge Biomasse aus den Nahrungsnetzen, sondern töten auch gesetzlich besonders geschützte Arten. Da nicht nur Bremsen gefangen werden, sondern überwiegend Insekten anderer Artengruppen, sollten Bremsenfallen genehmigungspflichtig sein. In Schutzgebieten und deren direktem Umfeld ist ein generelles Aufstellungsverbot zu fordern. Auch in Hinblick auf das großräumige Insektensterben ist ein Fallentyp, der nicht selektiv Insektenbestände dezimiert und damit die Biodiversität zusätzlich schädigt, nicht akzeptabel.
Naturschutz: Naturschutzrechtlich sind die Fallen nicht vertretbar, da kein selektiver Fang der "Schadinsekten" möglich ist und zu befürchten ist, dass auch geschützte Arten getötet werden (dies stellt einen Verbotstatbestand nach dem Bundesnaturschutzgesetz § 44(1) dar). Auch Bremsen stellen im Naturkreislauf eine Nahrungsgrundlage für Vögel und Fledermäuse dar und dies ist gerade in der jetzigen Zeit, in der Insektensterben ein weit verbreitetes Thema ist, ein wichtiger Aspekt. Für den Privatmann/die Privatfrau kann keine Genehmigung in Aussicht gestellt werden, da hier die Voraussetzungen schwerlich vorliegen dürften (unzumutbare Härte, öffentlicher Belang). Ausnahmen könnten evtl. bei einer epidemischen Krankheitssituation, die durch Bremsen übertragen wird, bestehen. Zunächst gilt für jedermann das Vermeidungsgebot, d.h. Alternativen müssen ausgeschöpft werden, bevor an eine Vernichtung der Insekten gedacht werden kann. Gesetzliche Grundlagen ist das Bundesnaturschutzgesetz[2].
[1] Natur und Landschaft ist die führende Monatszeitschrift für Naturschutz und Landschaftspflege im deutschsprachigen Raum, herausgegeben vomBundesamt für Naturschutz (BfN).
[2] § 1 (3) 5. Naturschutzziele: wild lebende Tiere sind auch im Hinblick auf ihre Funktion im Naturhaushalt zu erhalten
§ 2 (1) Jedermann-Verpflichtung, vermeidbare Beeinträchtigungen zu vermeiden
§ 39 (1) Verbot, wild lebende Tiere ohne vernünftigen Grund zu fangen, zu verletzen oder zu töten
§ 44 (1) Verbot, streng geschützte Arten zu fangen, zu verletzen oder zu töten
Quellen:
Bundesamt für Naturschutz https://www.natur-und-landschaft.de/de/news/bremsenfallen-ein-uberflussiger-und-wahrscheinlich-illegaler-beitrag-zum-insektensterben-1390
Bundesnaturschutzgesetz https://dejure.org/gesetze/BNatSchG
Studie Zebrastreifen und Tabanidae in englisch als PDF hier