Problemlos Wanderreiten durch NRW? Dafür gibt es drei Möglichkeiten: Erstens: an der Landesgrenze verladen und Pferd im Hänger durch NRW transportieren, zweitens: Presse, Funk und Fernsehen einschalten (siehe Artikel Opa Watzl) oder drittens: unser Reitrecht verstehen. Zu Letzterem nun ein Erklärungsversuch: In der freien Landschaft kann man fast überall legal reiten. Schwieriger ist es beim Reiten im Wald. Eigentlich ist dort seit 1. Januar 2018 das Reiten auf allen Straßen und Fahrwegen erlaubt, zusätzlich natürlich auch auf ausgeschilderten Reitwegen. „Fahrwege“ sind definiert als „befestigte oder naturfeste Waldwirtschaftswege“ – doch was ist das genau?
Die Begründung zur Abstimmung im Landtag hilft weiter: Fahrwege „sind in der Regel so breit, dass eine gefahrlose Begegnung zwischen Reitern und anderen Erholungssuchenden möglich ist“ und es sind „keine Bodenschäden durch den Reitverkehr zu befürchten“. Über die Frage, ob lockere Sandwege „naturfest“ sind, kann man trefflich streiten. Übrigens: Als Wanderweg ausgeschilderte Fahrwege, die bisher generell verboten waren, dürfen jetzt beritten werden. Kompliziert wird das Reitrecht dadurch, dass jeder Kreis und jede kreisfreie Stadt, insgesamt 54 Kommunen, prüfen sollte, ob diese Grundregel ausreicht oder ob auch alle anderen Wege freigegeben werden (sogenannte Freistellung) oder das Reiten wie gehabt ausschließlich auf Reitwege beschränkt wird (Sperrung).
Von dieser Möglichkeit hat gut die Hälfte der Kommunen Gebrauch gemacht. Einige haben bestimmte Wälder gesperrt und andere freigestellt. Daher muss sich jeder Wanderreiter informieren, wo welche Regelung gilt. In jedem Kreis kann es anders sein als in der Nachbarkommune (Allgemeinverfügungen). Rechtlich maßgeblich dafür sind die öffentlich im Amtsblatt bekannt gemachten Allgemeinverfügungen. Kein Verlass ist auf die Hinweise der einzelnen Kommunen im Internet. Dort sind teilweise veraltete, teilweise nicht mit dem Amtsblatt übereinstimmende Texte eingestellt. Unsere Reitwegebeauftragten wurden an den Prüfungen beteiligt und haben versucht, das Schlimmste zu verhindern. Oft haben wir dabei sehr gut mit allen Reiterverbänden zusammen gearbeitet. In einigen Kreisen waren die Vertreter anderer Reiterverbände jedoch der Meinung, dass das bestehende Reitwegenetz ausreiche und keine darüber hinaus gehende Reitmöglichkeit not wendig sei. In der Presse fielen dazu Sätze wie „Niemand muss auf einem Wirtschaftsweg reiten“ WAZ-Artikel Artikel oder „Der Kreisreiterverband unterstützt die Allgemeinverfügung“ [zur Sperrung aller Wälder im Kreis Recklinghausen] Artikel im Lokalkompass.
Die Forstbehörden mussten ihr „Einvernehmen“ erteilen. Dadurch wurden leider einige Freistellungsgebiete verhindert.
Eine Beschränkung auf Reitwege, also eine Sperrung, darf nur vorgenommen werden für „Waldflächen, die in besonderem Maße für Erholungszwecke genutzt werden“. Dieser schwammige Rechtsbegriff wurde von vielen Kreisen so weit zu Ungunsten der Reiter ausgelegt, dass die VFD einige Sperrungen gerichtlich überprüfen lässt. Besonders schwierig wird es für Reiter an den Kreisgrenzen. Hier sollte man besonders gutes Kartenmaterial haben, auf denen diese Grenzen eingezeichnet sind: Auf der einen Seite darf man reiten, auf der anderen maximal noch führen. Denn das ist die nächste Besonderheit: Führen ist zwar dem Reiten gleichgestellt. Das heißt, man darf sein Pferd jetzt grundsätzlich nur dort führen, wo man auch reiten darf. Außer im Wald: Da ist das Führen ausdrücklich auf allen Wegen erlaubt, auch in Sperrgebieten. Die Kennzeichenpflicht ist beibehalten worden und gilt jetzt auch für geführte Pferde.
Angriff auf bundesweite Reitregelung deutet sich an
Unsere neue Landesregierung wird das Landesnaturschutzgesetz voraussichtlich 2019 ändern. Insbesondere die Waldeigentümer drängen dabei auf eine Verschärfung der Reitregelung. Der Waldbauernverband hat dazu ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, in dem behauptet wird, Teile der Reitregelung verstießen gegen das Grundgesetz – ein genereller Angriff auf die Reitregelungen aller Bundesländer!
Zudem hat der Waldbauernverband die Umweltministerin Schulze Föcking gebeten, die Umsetzung der neuen Reitregelung um ein Jahr auszusetzen. Glücklicherweise ist das Ministerium darauf nicht eingegangen, sondern hat vorgeschlagen, die Neuregelung erst einmal auszuprobieren. Konkrete Probleme und Erfahrungen könnten dann in die Abstimmungsgespräche zur Novellierung eingebracht werden – und genau das wird die VFD NRW auch tun! Wir haben bereits Kontakt zum Ministerium und den Landtagsfraktionen aufgenommen und werden uns weiterhin für eine Liberalisierung des Reitrechts sowie Abschaffung der Plakettenpflicht einsetzen.
Birgit Hüsing