Martin Stellberger ritt an der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze immer Richtung Ostsee. Sein Resümee: „Fünf Wochen waren prima! Tolle Erfahrungen, keine Enttäuschung. Ich bin glücklich und zufrieden nach 800 km an der Ostsee angekommen.“ Martin Stellberger, 63 Jahre alt, ehemaliger Realschullehrer aus Weingarten im Kreis Ravensburg in Baden-Württemberg, hat sich mit seinem 21 Jahre alten Württemberger Flamenco auf die Suche nach Geschichten rund um die deutsch-deutsche Grenze gemacht. „Ich wollte wissen, wie die Menschen im Osten mit der Grenze gelebt haben.“

In einem Zeitraum von vier Jahren hat er das Grünen Band vom Dreiländereck (Bayern/ Sachsen/Tschechien) bis nach Priwall an der Ostsee abgeritten [Anmerkung: hier war unser VFD-Mitglied David Wewetzer 2010 für seinen Ritt auf dem Grünen Band gestartet.]. Insgesamt hat Martin Stellberger rund 1400 km zurückgelegt. Ende September 2012 ist er nun endlich an der Ostsee angekommen. Die VFD konnte ihm für seine letzte Etappe mit Quartiervorschlägen zur Seite stehen. Stellberger bedankte sich nach dem Ritt für die Zusammenarbeit mit unserem Experten David Wewetzer.

Pfingsten 2009 ging Martin Stellberger auf seine erste Etappe, damals noch mit seinem Freund Friedrich Nagel, die übrigen Etappen dann immer alleine. Er ließ sich und seinem Pferd Zeit. Zunächst ging es erst immer nur in den Pfingstferien weiter. Nach seiner Pensionierung hatte er dann „viel Zeit“. Während andere ihre Tagesetappen über 30 bis 40 km einplanen, ließ sich Stellberger nicht hetzen. Sein tägliches Etappenziel legte er lediglich um die 25 km fest - er wollte ja in Ruhe reisen! Man kommt eben auch mit kurzen Strecken ins Ziel. Die längste Etappe mit ca. 45 km musste er an der Elbe zurücklegen, um am tags zuvor vereinbarten Quartier anzukommen. Die Zeiteinschätzung eines einheimischen Reiters für diese Tagestour war wohl zu optimistisch. Überhaupt stellte der Wanderreiter aus Süddeutschland fest, dass sich die meisten einheimischen Reiter und Pferdeleute nicht wirklich auskennen in ihrer Region, jedenfalls nicht weiträumig.

Für gewöhnlich ritt Martin Stellberger morgens gegen 9 Uhr los und suchte sich gegen 15 Uhr dann ein Quartier für die Nacht. Dabei bestellte Martin Stellberger seine Quartiere nur selten vor. Er suchte sich erst ein Quartier, wenn er das Ziel seiner Tagesetappe erreicht hatte. So brauchte er nie hetzen und geriet in keine Zeitnot. Wo er ein Quartier für sein Pferd fand, war meist auch eine Übernachtungsmöglichkeit für ihn vorhanden. So kam er dann mit vielen Einheimischen ins Gespräch und erfuhr so Geschichtliches und die Geschichten seiner Gastgeber. Der Reiter betont: „Nirgendwo wurde ich abgewiesen, überall fand ich hilfreiche und gastfreundliche Menschen!“

Auf der VFD-Wanderreitstation Pferde- und Freizeitparadies in Ziemendorf hatte Stellberger angesichts der tollen Station sogar zwei Ruhetage eingelegt.


Grenzritt in Frieden und Freundschaft

So konnte er die herrliche Pferdeschwemme im Arendsee anreiten.....

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....und auch das „Treppenhaus der Menschenrechte“ im Hotel Pferde- und Freizeitparadies kennen lernen sowie die Ausstellung zur ehemaligen Grenze im Kellergeschoss. Beim Abschied ließen Bianca de Vries und ihr Vater Walter passend zu dem Motto des Wanderreiters „Grenzritt in Frieden und Freundschaft“ drei weiße Tauben aufsteigen. Bürgermeister Norman Klebe und Hotelbesitzerin Andrea Greiner-Schmid waren ebenfalls zum Abschiednehmen gekommen.

Gerne gesehen hätte es Martin Stellberger, wenn die alten Kolonnenwege, die früher von den DDR-Grenztruppen genutzt wurden, überall erhalten würden – umgewidmet als „Wege des Friedens und der Überwindung von Grenzen in Deutschland und Europa“. Leider sind die Kolonnenwege auf dem Grünen Band am ehemaligen Todesstreifen entlang der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze nicht mehr überall nutzbar. In Thüringen (Frankenwald, Thüringer Wald, Rhön) sind sie vielfach erhalten und weitgehend offen. Im Harz ist die „Platte“ zum Teil verschwunden, und/oder in das Wanderwegenetz integriert.

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In Sachsen-Anhalt fielen die Kolonnenwege weiträumig der Landwirtschaft zum Opfer. Dort, wo die Platten herausgerissen wurden, sind vielfach Erosionsschäden erkennbar.

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Im Bereich der Elbe wurde der Kolonnenweg offensichtlich in den Deichverteidigungsweg integriert und ist somit weitgehend verschwunden oder ging im Elbe-Radweg auf. Martin Stellberger meint, dass mit dem „Rückbau“ eine einmalige Chance vertan wurde, die Wege mit etwas Positiven zu verknüpfen. Eine Erhaltung der Kolonnenwege als Wanderweg mit entsprechenden geschichtlichen Hinweisen hätte er für sinnvoller gefunden. Die Kolonnenwege sind in einigen wenigen Fällen sogar als Reitwege ausgewiesen. Das ist jedoch nicht so, dass man hier dann seiner Reiterfreude freien Lauf lassen könnte. Die Kolonnenwege sind nur im Schritt und auf dem Mittelstreifen bereitbar. Die Verletzungsgefahr für die Pferde wäre im Trab und Galopp zu groß. Insofern besteht auch keine Gefahr, dass sich hier wilde Reiterhorden durchs Gelände schlagen. Vielmehr ist der Wanderreiter Teil der stillen Natur und hinterlässt keine Schäden. Schäden entstehen vielmehr durch die Forstwirtschaft mit überschwerem Gerät und eben durch die Landwirtschaft, deren Gefährte ja auch immer größer und schwerer werden. Eines muss man noch anmerken: Führt man ein GPS-Gerät mit, so stellt man oft fest, dass der Kolonnenweg als „Wirtschaftsweg“ auch dort noch angezeigt wird, wo er längst von den Landwirtschaft untergepflügt wurde. Das deutet also darauf hin, dass hier eigentlich vorschnell, wenn nicht gar unerlaubt „geräumt“ wurde. Das scheint aber niemanden zu kümmern, und die Verfechter des Grünen Bandes scheinen machtlos. An anderen Stellen ist der Kolonnenweg völlig überwachsen, weil das Gelände inzwischen wieder „Privatbesitz“ ist, öfter eingezäunt als Viehweide. Wiederum an anderen Stellen überließen die Naturschützer den Weg der Natur, die sich binnen Kurzem des Weges bemächtigte und ihn unpassierbar machte, obwohl der Weg noch im Wegekataster erkennbar ist (GPS!). Da mag man sich auch seinen Teil denken. Martin Stellberger glaubt, dass die Sorge der Naturschützer einfach zu groß und unbegründet ist, dass „Menschenmassen“ oder „Reiterheere“ die etwas empfindlicheren Bereiche „überfluten“. Die Wanderer oder Spaziergänger, die Martin Stellberger auf seinen Etappen entlang der Grenze getroffen hat, lassen sich über die vier Jahre an zwei Händen abzählen. Die bleibenden Schäden aber, die durch Forst- und Landwirtschaft verursacht werden, sind vielfach augenfälliger.

Grenzritt in Frieden und Freundschaft


Grenzritt in Frieden und Freundschaft


































Um seine ganzen Eindrücke zu sammeln hat der Baden-Württemberger Wanderreiter Tagebuch geführt. Daraus möchte er bis zum Jahr 2014 ein Buch verfassen, passen zum Jubiläumsjahr „25 Jahre Mauerfall“. Unterwegs begegneten dem Reiter etliche Zeitungsreporter und auch eine Reporterin des NDR. Daraus wurde ein kleiner Film, den ihr hier anschauen könnt: http://www.ndr.de/regional/niedersachsen/harz/grenzreiter101.html


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Fotos von Martin Stellberger
 

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