Oft kommt es anders als man denkt und plant. So auch beim Themenabend im März. Der eingeladene Referent, Jürgen Kuhne, von "Horse Consulting" wollte Offenstall-Konzepte für Groß- und Kleinherden am Beispiel eines Aktivstalles vorstellen.
Zwei Tage vor dem Themenabend musste er leider wegen Krankheit absagen.
Was tun? Als Judith Knigge noch am selben Abend von dem Ausfall erfuhr, sagte sie spontan zu.

Dies war für uns ein großes Glück im Unglück. Als Pferdewirtin und Buchautorin befasst sie sich seit Jahren mit dem Thema artgerechte Pferdehaltung. In den vergangenen Jahrzehnten hat sie viele Möglichkeiten der Pferdehaltung mitgemacht, immer auf der Suche nach dem Optimum für ihre Pferde. Zuhause hat sie nun ihre 4 Pferde (Schwarzwälder, Haflinger und 2 Minishettyhengste) in einem selbstkonzipierten und selbstgebauten Offenstall stehen mit Bewegungsanreizen des Paddock Trail Systems und vielen selbstgebastelten Ideen im Bereich Füttern und Tränken von Pferden. 
So konnte sie viele eigene Erfahrungen in den Vortrag mit einfließen lassen.

Der Themenabend im März fand erstmals in unserem neuen Stammtischlokal statt, dem Königstreff, in Osnabrück-Lüstringen. Mit einem separaten Raum, einer eigenen Bedienung und leckerem Essen, haben wir hier wunderbare Voraussetzungen gehabt.

28 interessierte Pferdefrauen und -männer fanden den Weg ins neue Lokal. Viele der Anwesenden haben ihre Pferde in Kleinherden in Eigenregie stehen, bei einigen war sogar zu hören, dass größere Anlagen in Planung sind.

Judith blickte zu Beginn ihres Vortrages noch einmal kurz in die Vergangenheit und stellte die Entwicklung des Pferdes in ihre unterschiedlichen Typen und deren oft individuellen Bedürfnisse dar. So schlug sie den Bogen in die moderne Pferdehaltung, in denen häufig nach Größe und Geschlecht aufgeteilt wird und weniger nach Futtertyp und Bewegungsveranlagung. So kommt es dann nicht selten zu dem Problem, dass das genügsame Pony (oft duldsamer Pferdetyp aus futterreichen Regionen) mit dem bewegungsaktiven Araber (gewohnt lange Strecken in futterarmen Gegenden zurückzulegen, daher meist futterneidisch) zusammengestellt wird.

Von Judith wurden drei artgerechte Stall- und Haltungsformen mit ihren Vor- und Nachteilen für die Bedürfnisse des Pferdes, des Pferdebesitzers und des Stallbetreibers vorgestellt. Wobei natürlich die Herdenhaltung außer Frage steht.
Sie beschrieb zunächst die einfache Form des Offenstalls, also ein Ruhe- und ein Paddockbereich mit dicht aneinander liegenden Fress- und Tränkmöglichkeiten.
Hier sei eigentlich häufig beobachtetes Phänomen, dass die Pferde zwar theoretisch viel Platz zum Bewegen haben, aber mangels Anreize kaum eine Aktivität stattfindet.

Eine Möglichkeit diesem gerecht zu werden, so Judith, sei aus einem flächigen Offenstall einen Aktivstall zu konzipieren. Also die verschiedenen Bereiche Fressen, Trinken, Ruhen soweit voneinander zu trennen, dass Bewegungsanreize für die Pferde geschaffen werden. 

Hier habe sich allerdings in den vergangenen Jahren eine gewisse "Technikverliebtheit" des Menschen ergeben. Diese sollte im Sinne der Pferde einmal überdacht werden, gibt Judith zu bedenken. Diese "erzwungene" Form des Bewegens und dem oft damit verbundenen Stress und Futterneid sei nicht zu unterschätzen. Durch die Fixierung auf die Fütterungstechnik würde die natürliche Dynamik und das ruhige Verhalten von Offenstallpferden oft empfindlich gestört. . 

Hier könnte die Umstellung auf eine 24h Raufuttervorlage oder gar die Erweiterung auf die   Haltungsform des Paddocktrails entgegenwirken. Bei dieser werden den Pferde verschiedene Laufgänge angeboten, in denen mehrere Futter- und Wasserstellen und Ruhebereiche für sie zur Verfügung gestellt werden und sie so die Wahl haben wo, wie und wann sie Fressen, Laufen oder Ruhen. In dieser Haltungsform ist das 24h Futterangebot gewährleistet und die Bewegungsmöglichkeiten über „Pfade“ werden von Pferden oft lieber angenommen als zu großflächige Anlagen.  

Angesprochen wurden weiterhin unterschiedliche Bodenbeläge, Fütter- und Tränkvarianten. Wobei Judith besonders herausstellte, dass gerade unterschiedliche Böden für einen natürlichen Hufmechanismus wichtig sind und das die stressfreiste Fütterung für Pferde eine stetige, möglicherweise durch Heunetze eingeschränkte Verfügbarkeit ist.

Die aufmerksamen Zuhörer und Zuhörerinnen waren sich am Ende einig, dass sie viele neue Ideenansätze mit nach Hause genommen haben.

Vielen Dank nochmal für den informativen und spontanen Vortrag.
 

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