Ich bin Jahrgang 1965. Wie bei so vielen Kindern hier im Norden haben meine Reitanfänge zuerst auf Kühen begonnen bevor ich 1974 auf Ponies umgestiegen bin, denn meine Eltern waren partout nicht dazu zu bewegen, meine Lieblingskuh zu kaufen. Heute kaum noch vorstellbar: Damals, Mitte der 70er, standen auf den vielen Weiden fast nur Rinder. Pferde sah man nahezu keine mehr. Viele Menschen gingen davon aus, Pferde würden aussterben, da sie als Arbeitstiere nicht mehr gebraucht wurden. Kaum jemand ahnte damals, welche Zukunft diese Tiere als Freizeitpartner hätten. Seit 1976 bin auch ich auf eigenen Pferden unterwegs.
Vielen Mitgliedern bin ich aus Zeitschriften und der VFD bekannt. Als freiberufliche Biologin (Mitglied in der Berufsvertretung deutscher Biologen www.BDBiol.de) beschäftige ich mich mit Weidesystemen, genauer mit dem Streßverhalten und der Fraßabwehr z.B. von Gräsern. Da ich mich im Biologiestudium auf den Bereich Ökophysiologie (das ist Leben, Leistung und Streßbewältigung der Pflanzen in ihrer Umwelt) spezialisiert habe, und da an landwirtschaftlich und forstlich interessanten Pflanzenbeständen wie Mais und Buchenwald gearbeitet habe, ist es zum Blickwechsel auf den Grasbestand, in dem ein Pferd steht, nicht weit. Bevor ich mich selbständig gemacht habe, war ich kurz an der Landwirtschaftskammer tätig und habe auch diese Sichtweise auf Pferde und ihre Nahrungsgrundlage kennen gelernt. Seit Jahren engagiere ich mich im AK Umwelt der VFD, in dem ich stellvertretende Leiterin bin. Viele haben zu Hause unser Heft „Pferd & Heu“ liegen, das zu gut 90% aus meiner Feder stammt. Bekannter bin ich in Pferdehalterkreisen vor allem durch meine Veröffentlichungen und Vorträge zu Giften in Gräsern. Neben meinem Buch „Giftige Gräser auf Pferdeweiden“ freut sich meine „Süßgräserfibel für Pferdehalter“ (beide Vlg. Westarp Wissenschaften) großer Beliebtheit. Ich trage aber auch auf internationalen Kongressen vor Tierärzten und Hufbearbeitern zu diesem Thema vor. Wer sich dafür interessiert, kann auf meiner homepage www.biologie-der-pferde.de mehr erfahren.
Wohin möchte ich den LV HH/SH führen?
VFD-Mitglieder sind Vertreter unterschiedlichster Reitweisen. Wir treffen bei uns gleichermaßen auf den Westernreiter, den Distanzreiter, den Spring- oder den Dressurreiter. In der VFD wird barock oder spanisch geritten, hier wird ungarisch oder englisch gefahren. Die Ausbildung, die Wettbewerbe, das Training wird dabei von Spezialisten geleistet und die finden sich in den Reit- und Fahrvereinen. Das ist und wird nicht die Aufgabe der VFD sein.
Aber: alle diese Reiter werden zunehmend mit Problemen und Fragen konfrontiert, wenn sie ihre Anlagen verlassen, wenn sie mit Ihren Pferden durch Wald und Feld wollen. Wege werden gesperrt, ganze Landstriche durch Gesetze von Reitern „gesäubert“, ehemalige Pfade mit Beton und Asphalt in „Mähdrescher-Autobahnen“ verwandelt. Politik und Verwaltung erfinden Abgaben und Vorschriften. Und genau hier liegen die Aufgaben der VFD.
In enger Zusammenarbeit mit den einzelnen Vereinen, mit den sportbezogenen Verbänden dieser Reiter – sei es FN, sei es EWU oder wer sich auch immer um den sportlichen Bereich kümmert – will und muss die VFD die Interessen dieser Reiter und Fahrer aufgreifen und sie gegenüber Politik und Verwaltung vertreten. Das wir darüber hinaus Aus- und Fortbildungen anbieten, die in den klassischen Reitvereinen nicht oder nur begrenzt zu finden sind, hängt eng mit dieser grundsätzlichen Programmatik der VFD zusammen.
Viele dieser Punkte haben regionalen oder landesspezifischen Bezug. Seien es die unterschiedlichen Waldgesetze, seien es Bestimmungen zur Kennzeichnung von Pferden, seien es Bestrebungen, eine Pferdesteuer einzuführen. In dieser Regionalität liegen die Aufgaben des LV begründet. Kein BZV ist stark genug, gegen ein restriktives Waldgesetzt vorzugehen. Will eine Kommune die Pferdesteuer einführen, braucht der ortsansässige Reitverein Unterstützung. Wird ein Reitwegenetz geplant, darf das nicht an den Genzen eines Ortsverbandes enden. Hier liegt es am LV, zu koordinieren, zu diskutieren, Kontakte herzustellen und den Mitgliedern vor Ort und im Land zu helfen.
Darüber hinaus ist es sinnvoll, sich anzuschauen, welches die fest geschriebenen Aufgaben des LV sind.
Der LV bietet den Bezirksverbänden (BZV) einen Rahmen, innerhalb dessen sie sich selber ausrichten können: Die Interessen der Freizeitreiter u. -fahrer sollen vertreten werden, wobei die naturschonende Ausübung der Partnerschaft mit (Reit- und Fahr-) Pferd und Reitbegleithund bzw. Handpferd in der freien Natur und im Wald einen besonders hohen Stellenwert hat. Die VFD ist dem Tierschutz, dem Naturschutz und der Umwelt verpflichtet.
Der LV leitet Informationen und Sachverhalte bezüglich der Mitgliederzahlen und der Kernaufgaben der VFD an den BV weiter und stimmt sein Vorgehen mit dem BV ab, beispielsweise Probleme mit Pferdesteuern, Waldgesetzen, großflächig geplanten Pferde-untauglichen Ausbaumaßnahmen von Wirtschaftswegen (Mähdrescher-gerechte Ernte- „Autobahnen“?) und ähnlichem.
Der LV ist somit auch ein Vermittler – heute würde man vielleicht sagen: Kommunikator - zwischen dem VFD BV und den VFD BZV.
Ich sehe die Aufgabe des LV vor allem darin, zu vermitteln, zu reden, zu kommunizieren – ohne dabei die Kernaufgaben der VFD, für die mich die Mitglieder gewählt haben – aus den Augen zu verlieren, als da sind der tierschutzgerechte, partnerschaftliche Umgang mit dem Pferd, der umweltverträgliche Natursport Reiten und Fahren, die artgerechte Haltung unserer Partner und hierzu gehörend der Naturschutzgedanke. Schleswig-Holstein gehört zu den starken Landesverbänden in der VFD. Trotzdem dürfen wir uns nicht auf unseren Mitgliederzahlen ausruhen. Wir müssen den Reitern und Fahrern im Land verstärkt vermitteln, dass ihre Interessenvertretung durch den Reitverein spätestens an der Ortsgrenze endet, dass ihre Wünsche und Vorstellungen jenseits des Turnierplatzes nur begrenzt durch ihre Sportverbände wahrgenommen werden und dass sie mit ihren Fragen bezüglich Haltung und Umgang mit dem Partner Pferd ohne uns alleine gelassen sind. Wir müssen kommunizieren, dass Reiten nicht nur im Viereck oder in der Halle stattfinden kann. Wir müssen auch klar machen, dass man beim Reiten und Fahren in der Natur Regeln unterliegt, die komplexer sind als man gemeinhin annimmt und dass man dazu Wissen und Übung braucht. Und wir müssen vermitteln, dass man Kindern und Jugendlichen ein Stück Freude am Umgang mit dem Partner Pferd nimmt, wenn man ihnen vormacht, ein Pferd sei ein Sportgerät. Hier liegen unsere Aufgaben, hier sind unsere Visionen, hier ist die Zukunft der VFD.