Die drei giftigsten Pflanzen für Weidetiere wurden bereits vor einigen Jahren vom Endophyten-Service-Labor der USA aufgezählt.
Neben unserem heimischen und zwischenzeitlich berüchtigten Jakobskreuzkraut (JKK) , das weltweit verschleppt wurde, werden zwei Grassorten genannt: Rohrschwingel und Deutsches Weidelgras. Wie kann das sein? Wie kann Gras, die Grundnahrung unserer Pferde, auf einmal zu den giftigsten Pflanzen für Pferde gehören? Das ist mehr als gewöhnungsbedürftig für uns Pferdehalter. Beim JKK zeigt sich inzwischen eine hohe Sensibilisierung. Aber Gras als giftig anzusehen, das ist nur schwer zu begreifen.
Deutsches Weidelgras (Lolium perenne), zum Ende der Blüte im Sommer. Das charakteristische Gras unserer Wege und Wegränder. Meist ist es dunkelgrün und hat glänzende Blattunterseiten. Foto: W. Wahrenburg
Rohrschwingel (Festuca arundinacea), charakteristisch sind die deutlich geriefte Blattoberseite und die schwach glänzende Unterseite der dunkelgrünen Blätter sowie ein straffer Wuchs. Die Blätter fühlen sich auffällig dick an! Foto: W. Wahrenburg
Jakobskreuzkraut Foto: Sonja Schütz- weitergehende Information
Und genau aus diesem Grund werden zunehmende Krankheitsfälle bei Pferden mit den verschiedenartigsten Symptomen wie z.B. Hufrehe, Headshaking , angelaufene Beine, Ödeme oder auch Wesensveränderungen, auf alle möglichen Ursachen hin betrachtet- aber leider höchst selten auf Vergiftungen durch Gräser! Zugegeben, der Stoff ist nicht ganz so einfach zu verinnerlichen. Im Interesse unserer Pferde müssen wir aber anfangen, uns damit zu befassen! Dr. Renate Vanselow (Co-Leiterin des VFD-Arbeitskreises Umwelt) hat bei „Artgerecht Tier“die häufigsten Giftpflanzen auf Pferdeweiden noch einmal zusammengefasst.
Wie kann ich aber nun feststellen, ob das Gras auf meiner Wiese giftig ist?
Ganz einfach: durch Messungen! Am besten jetzt, denn Herbstzeit ist Gräsergiftezeit!
Zur Erinnerung: Trockenheit, starke Temperaturwechsel, Überweidung bedeuten Stress für die Pflanzen auf unseren Koppeln. Besonders jetzt im Herbst sind alle diese Faktoren gleichzeitig wirksam und führen besonders bei Zuchtsorten mancher Gräser (Weidelgräser und breitblättrige Schwingel) zur Produktion von hochgiftigen sekundären Pflanzenstoffen aus der Gruppe der Mutterkorngifte, Loline und Lolitreme. Wenn Pferde diese giftigen Gräser fressen, können je nach Giftmenge u.a. Hufrehe und Stoffwechsel-Entgleisungen die Folge sein, möglicherweise bis hin zu tödlichen Vergiftungsfällen (Weidemyopathie).
Nachlesen könnt ihr das ausführlich in unserer Artikelserie im VFDnet.
Foto: W. Wahrenburg
Ob Gifte in Gräsern im Spiel sind, kann nur der Nachweis des Giftes sicher aufzeigen. Pferdehalter haben in diesem Herbst erstmals die Möglichkeit, bei Vergiftungen sofort Analysen zu veranlassen. Auch wer bereits in früheren Jahren ungeklärte Vergiftungen oder Vergiftungssymptome bei seinen Pferden hatte, kann jetzt vorbeugend messen lassen! Deshalb rufen wir alle Pferdehalter auf: MESST, MESST, MESST! JETZT! Überall da, wo Pferde Hufrehe erleiden, wo Pferde massiv speicheln, wo unerklärliche Koliken auf Weideland auftreten, wo Muskelprobleme und Konditionsverlust auf Grasland auftreten und auftraten … MESST!
Was müsst ihr tun?
Eine Grasprobe ernten und an die Firma BioCheck schicken. Die sogenannte HPLC-Analyse kostet 95 Euro zuzüglich MWSt. Im Vergleich zu den Tierarztkosten im Vergiftungsfall und dem Leid für Tier und Mensch ein geringer Betrag.
Anleitung zur Probenentnahme und Anschrift des Labors Anleitung_Grasprobe.pdf208.18 kB
Der VFD-Arbeitskreis Umwelt befasst sich schon seit vielen Jahren mit den Gräsergiften und ist natürlich interessiert daran, die Messergebnisse auszuwerten. Diese Forschung könnte vielen Pferden das Leben retten. Deshalb unsere Bitte: stellt uns Eure Messergebnisse zur Verfügung. Wir versichern, dass die persönlichen Daten bei der Auswertung anonymisiert werden und die Ergebnisse nur grob einer Region (Landkreis) zugeordnet werden. In diesem Zusammenhang interessiert uns, was auf der Koppel an Gräsern wächst (soweit bekannt), wie sie beweidet wird (wie lange, wie oft) und ggf. welche Gesundheitsprobleme die Pferde aktuell (oder früher) auf der Koppel hatten.
Um Euch die Arbeit zu erleichtern, haben wir ein vereinfachtes Bestellformular erstellt - formular_biocheck.doc59.5 kB - auf dem alle wichtigen Infos eingetragen werden können, damit die VFD weitere Hintergrundinformationen zu dem vom Labor gelieferten reinen Messergebnis bekommt. Mit der Unterschrift auf dem Formular erklärt sich der Einsender damit einverstanden, dass das Messergebnis auch direkt an den VFD-Arbeitskreis Umwelt geschickt wird. Das Formular bitte ausfüllen, ausdrucken und mit der Probe an das Labor schicken. Ein Exemplar bitte als PDFDiese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder auch mit der Post an den VFD- Arbeitskreis Umwelt senden. Postanschrift ist die VFD-Bundesgeschäftsstelle
Vielen Dank für Eure Mithilfe für das Wohl unserer Pferde!
Rohrschwingel (Festuca arundinacea), kurz nach der Mahd. Man erkennt die stabilen Blätter und Blattscheiden. Der Grund der Blattspreite (Blattfläche) umfasst den Halm fast vollständig. Sehr typisch für dieses Gras sind die strohigen Reste alter Blätter (im Foto unten). Foto: W. Wahrenburg
Rohrschwingel (Festuca arundinacea), einzelne dunkelgrüne Pflanze zwischen Glatthafer (Arrhenatherum elatius), der im Herbst von Gelbrost befallen ist. Besonders an Straßen- und Wegrändern fallen die kräftigen Pflanzen zwischen anderen Gräsern im Frühjahr und Herbst auf.
Der durch den Endophytenbefall konkurrenzkräftige Rohrschwingel widersteht dem Gelbrost hier länger als andere Gräser. Foto: W. Wahrenburg
Rohrschwingel (Festuca arundinacea), gejätete Pflanzen vom zweiten Aufwuchs einer Pferdekoppel in der Nähe des Straßenrandes. Man erkennt kräftige fast 1/2 Meter hohe Gräser mit breiten Blättern und relativ flachem Wurzelwerk. Bei der rechten Pflanze sieht man die sehr kurzen unterirdischen Ausläufer. Deutlich sind auch die bei dieser Grasart typischen strohigen Reste alter Blattscheiden zu erkennen, die den Halmgrund umgeben.
Die Analyse ergab, dass die Planzen Ergotalkaloide enthalten, also von giftigen Endophyten infiziert sind (Baden-Württemberg). An den stets salzbelasteten Straßenrändern haben infizierte Pflanzen einen deutlichen Konkurrenzvorteil, den sie auch im beweideten Grünland ausspielen können. Der höchste Giftgehalt in solchen Pflanzen findet sich in den Blattscheiden. Das sind die Teile der Gräser, die die Pferde dann fressen, wenn auf der Koppel kaum noch was zu finden ist!
Foto: W. Wahrenburg
Deutsches Weidelgras mit typischer Ähre. Während der Blüte gut zu erkennen.
Fotos: VFD