Schon immer spielte die naturnahe Haltung eine wichtige Rolle bei den Freizeitreitern und - fahrern. Die extensive Weidehaltung von Pferden ermöglicht im Idealfall eine landschaftsschonende Nutzung von Grünland. Im Vergleich zur intensiven produktionsorientierten Grünlandwirtschaft kann Beweidung mit Pferden durchaus ein höheres ökologisches Potential und höhere Artenvielfalt aufweisen. So zeigt eine jüngst publizierte Studie den direkten Vergleich von Rinder und Pferdeweiden im Wirtschaftsgrünland (Schmitz und Isselstein, 2020). 

Laut Mitgliederbefragungen halten rund 75 Prozent der VFD-Mitglieder ihre Pferde in  Eigenregie.  Hochgerechnet  bewirtschaften  VFDler damit 225 000 Hektar  Grünland.  Ein  beachtlicher  Anteil  der  gesamten Dauergrünlandfläche  von 4 694 500 Hektar. Neuesten Studien  zufolge  halten 1,3 Millionen  Pferde  in Deutschland bis zu 30 Prozent  des  Dauergrünlands offen durch Nutzung für Heu und  als  Weide.  Die  Graslandnutzung  für  Pferde  ist eine  andere als in der Milchviehhaltung. Hierin begründet sich das Potenzial zum Erhalt extensiven Grünlands durch Pferdehaltung.  (Schmitz und Isselstein, 2018).

Ohne Auslaufsysteme geht es nicht

Pferde als Lauftiere brauchen Bewegungsfläche – aber ebenso einen intakten Lebensraum. Wir brauchen Auslaufsysteme, um artenreiches Dauergrünland, die Nahrungsgrundlage unserer Tiere, vor Übernutzung zu schützen. Eine solche Übernutzung geschieht in den letzten Jahren vor allem im trockenen Sommer durch zu intensiver Beweidung - mit noch viel dramatischeren Folgen für das Pferd und das Grünland als durch eine Überbeanspruchung als Winterkoppel.
Pferde, die ihren Bedarf nach freier Bewegung auf dem Trail oder einem großen Paddock befriedigen können, strapazieren das Weidegrünland weniger. Ähnliches gilt für Pferde, die ganztägigen Zugang zu Weiden haben und ihrem natürlichen Drang nicht bloß während kurzer Weideaufenthalte nachkommen können.  Jüngste Studien zeigen, dass sich das typische Bewegungsverhalten von Pferden insbesondere über das Haltungssystem, die Flächengröße und die Weidedauer steuern lässt (Schmitz, A., Tonn, B., Schöppner, A.K., Isselstein, J 2020 ).

VFD-Projekt "blühende VFD-Pferdehaltung"

Das VFD-Projekt "blühende VFD-Haltungen" (Ausläufe/ Paddocktrails/ Winterweiden) des Arbeitskreis Umwelt erarbeitet gemeinsam mit Wissenschaft und dem Naturschutz Konzepte zur Förderung des ökologischen Potentials von Pferdehaltung. Anhand von Best Practice soll das Potential der Pferdehaltung gefördert werden, indem Pferdehalter/Stall- und Weidebesitzer Empfehlungen gegeben werden können, um die Flächen nachhaltig zu bewirtschaften.

Sofern Pferdehalter über ausreichend Fläche, aber nicht die Möglichkeit der Auslaubefestigung besteht, kann die Winterweide eine artgerechte Möglichkeit zur freien Bewegung und naturnahen Pferdehaltung im Winterhaltbjahr bieten. Als Winterweide eignen sich insbesondere flachgründige, sandige und eher trockene Böden. Feuchte und sehr sehr tonhaltige Böden verdichten schneller.  Entscheidende Voraussetzung ist, dass abseits „neuralgischer Punkte“ (Tränken, Raufenbereiche, Toreingänge, Unterstände, natürlicher Witterungsschutz und Trampelpfade) keine größeren Areale vollständiger Narbenzerstörung unterliegen. Eine gute Winterweide trägt einen wesentlichen Anteil an der Ernährung der Weidetiere, wird niemals vollständig durch den Tritt der Tiere zerstört und bekommt über das Sommerhalbjahr die Möglichkeit der Regeneration stark beanspruchter Weidebereiche. Sie bildet im Sommer wieder dichten Aufwuchs für das Winterhalbjahr. Kleinflächige Trittstellen, Pfade oder gar Naturtrails können sogar einen ökologischen Mehrwert bieten. Hier wird durch den Tritt der Tiere die Diasporenbank, also der keimfähige Samenvorrat im Boden kleinräumig aktiviert. Aus der Vegetation verschwundene Arten erhalten so die Möglichkeit, sich wieder zu reetablieren. Doch auch größere Areale mit höheren Anteilen scheinbar zerstörter Grasnarbe können sich aus Restbeständen wiederbestocken. Entscheidend hierfür ist die Sommerruhe. Die im beanspruchten, aber im Sommer ungenutzen Flächen  können zudem mit autochthonem Saatgut aufgewertet werden. Sie bieten gleichzeitig Rückzugsort für Insekten (insbesondere Bienen) oder Vögel, Wildtiere.

Schäden an der Grasnarbe

Zur Regeneration der Grünlandnarbe nach einer Winterbeweidung stellt eine Studie fest, dass sich selbst starke Verletzungenbis zu einer Narbenschädigung von etwa 75 Prozent Lückigkeit besser selbständig regenerieren, solange sie kleinflächig gehalten werden (MATTERN & LASER, 2007, 2008: Link). Verbliebene Restvegetation in beschädigten Flächen sowie die vom Rand her wieder einwandernde Umgebungsvegetation tragen wesentlich zur Regeneration der Narbenschäden bei. Daher sollte in vielen Fällen durch die Ausnutzung der hohen Regenerationsleistung im Frühjahr auf eine Nachsaat verzichtet werden. Wird eine solche doch erforderlich, sollte auf jeden Fall autochthones (regionales) Saatgut verwendet werden. Im Sinne der Nachhaltigkeit darf es nicht zu größeren zerstörten Bereichen kommen. Bleibt die Grasnarbe mit Schäden erhalten, regeneriert sich eine Fläche deutlich schneller als in Fällen, in denen die Grasnarbe gänzlich zerstört ist. Winterbeweidung „bewirkt auch bei starken Trittschäden keine signifikante Veränderung des anstehenden
Pflanzenbestandes“.

Pferdegerechte Haltung muss ein Grundrecht für jedes Pferd werden

Die extensive Weidehaltung von Pferden ermöglicht im Idealfall eine landschaftsschonende Nutzung von Grünland oder je nach Ausgangslage sogar Verbesserung im Sinne von höherer Artenvielfalt. In der Realität steht mitteleuropäischen Pferdehaltungen häufig zu wenig Fläche zur Verfügung. Ausreichende Weide- und Auslaufflächen sind jedoch eine Grundvoraussetzung um die Pferdehaltung zu optimieren.

Die VFD vertritt die Ansicht, dass für jedes Sport- und Arbeitspferd eine pferdegerechte Haltung und für Zuchttiere eine artgerechte Haltung anzustreben ist. Die moderne Pferdehaltung, die von der Nutzbarkeit des Pferdes bestimmt wird, egal welcher Art, außerhalb von freier Natur, ist weit entfernt von artgerechter Haltung. Die VFD hat deshalb ergänzend den Begriff „pferdegerechte Haltung“ eingeführt, nähere Ausführungen hierzu im Handbuch "Pferd und Umwelt" Version 2.2

Daher setzt sich die VFD seit fast 30 Jahren für eine Änderung des §35 BauGB ein, um eine artgerechte Pferdehaltung im Außenbereich zu vereinfachen. „Da jedoch der Tier- und Umweltschutzgedanke zunehmend an Bedeutung gewinnt, kann es nicht Ziel des Gesetzgebers sein, dass Pferde ausschließlich in engen Boxen gehalten werden“, so heißt es in einem Sitzungsprotokoll des VFD-Bundesverbands von 1992.

Quellen:

  • Grünlandnarbe nach einer Winterbeweidung (MATTERN & LASER, 2007, 2008) http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2009/7259/
  • Ausgewählte aktuelle Forschung zu Pferden und Grünlandwirtschaft:
  • Schmitz, A., Isselstein, J. 2020. Effect of Grazing System on Grassland Plant Species Richness and Vegetation Characteristics: Comparing Horse and Cattle Grazing.
  • Sustainability 12(8), https://doi.org/10.3390/su12083300
  • Schmitz, A., Tonn, B., Schöppner, A.K., Isselstein, J., 2020. Using a citizen science methodology with German horse owners to study the locomotion behaviour of horses on pasture. Sustainability 12, 1835, 1-14, https://doi:.org/10.3390/su12051835
  • López-Sánchez A., Perea R., Roig S., Isselstein J., Schmitz A. 2020. Challenges on the conservation of traditional orchards: tree damage as an indicator of sustainable grazing. Journal of Environmental Management, 257, 110010. https://doi.org/10.1016/j.jenvman.2019.110010
  • Schmitz, A., Isselstein, J., 2018: Wieviel Grünland wird in Deutschland für Pferde genutzt? Versuch einer Quantifizierung anhand von Bestands- und Praxisdaten. Berichte über Landwirtschaft 96, 1-31, ISSN 2196-5099, http://dx.doi.org/10.12767/buel.v96i1.186.g379
  • Schmitz, A., Isselstein, J., 2018. Kenntnisstand und Einstellung zum Grünlandmanagement in pferdehaltenden Betrieben. Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau 62, 237-241.
  • Paesel, H., Schmitz, A., Isselstein, J., 2018. Heterogeneity and diversity of orchard grassland vegetation in Central Germany: role of tree stock, soil parameters and site management. Agroforestry Systems. https://doi.org/10.1007/s10457-017-0178-2
  • Schmitz A., Hüppe C., Reckenwald C., Dingfeld J., Brinsa C., Florek J., Maulhardt J., Isselstein J., 2017. Die neue Kuh?! - zu Bedeutung und Charakteristika der Grünlandbewirtschaftung durch Pferdehalter. Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau 18, 223-226.
  • Schmitz A., Brinsa C., Hüppe C., Reckenwald C., Dingfeld J., Florek J., Maulhardt J., Isselstein J., 2017. 50 shades of green - Qualität und floristische Diversität von Heu der pferdehaltenden Praxis. Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau 18, 227-229.
  • Schmitz, A., López-Sánchez, A., Roig, S., Isselstein, J., 2016. Grazer effects on plant species richness and tree debarking within orchard pastures. Grassland Science in Europe 21, 642-644.
  • Schmitz, A., López-Sánchez, A., Roig, S., Isselstein, J., 2016. Nachhaltige Beweidung von Streuobstgrünland: Zum Einfluss unterschiedlicher Weidetiere (Rind, Schaf, Pferd) auf die pflanzliche Artenvielfalt und Baumgesundheit. Mitteilungen der Arbeitsgemeinschaft Grünland und Futterbau 60, 175-178.

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