Wanderreiten immer in Erlebnis! Bevor es in der Serie im VFDnet weitergeht mit wertvollen Tipps zum Wanderreiten, vorab ein paar inspirierende Gedanken zum Thema Wanderreiten – mit freundlicher Genehmigung von Hannes Vavra aus Wien Für ein paar Stunden oder mehrere Tage
im Takt des Hufschlags reisen und sich tragen lassen.
Vergangenheit und die Gedanken an die Zukunft hinter sich lassen.
und den Zauber des Augenblicks entdecken.
Aufbrechen und die Schönheit einer kargen Landschaft erleben.
Wachen Auges und offenen Herzens mit den Pferden auf dem Weg
in der Stille des Waldes und am See durchatmen
und neue Kraft schöpfen.
Pferde als Freunde gewinnen,
Freund der Pferde werden.

“Mit Pferden unterwegs – Expertentipp: Wanderreiten - Was ist das?“
Foto: Michael u. Kathrin Kimmel


Was liegt im Wort WANDERREITEN?
Wandern bedeutet:

- mit festen Schuhen größere Entfernungen zu überwinden.
- neue Gebiete wie Berge, Gegenden, die einen besonderen Reiz haben, wilde, eher unzugängliche Bereiche an Flüssen oder in Wäldern zu erschließen und mit der eigenen Kraft zu erreichen,
-  ohne die Hilfe von Fahrrad, Auto oder anderen motorisierten Fahrzeugen an einen anderen Ort als den Ausgangsort zu gelangen.
-  mit allen Sinnen das Erwanderte zu erleben, Zeit für Pausen und Eindrücke zu bekommen, die mit schnelleren Mitteln nicht zu erhalten sind,
- allein oder zu mehreren aktiv eine Reise zu genießen und Erinnerungen zu gestalten,
-  in eine Welt zu gelangen, die es vor hunderten vor Jahren oder erst gestern schon gab,
- auf den Spuren der Vergangenheit zu wandeln, ohne immer an die Zeit zu denken, die einem davoneilt,
-  die Natur hautnah erleben, wenn man einen Bach durchquert, einen Berg hinauf oder hinunter läuft, das Wetter es mal gut und mal böse meint, Früchte am Wegesrand findet, die es zu ernten lohnt,
- auf dem Rücken im Rucksack alles zu tragen, was nötig und möglich ist für ein inhaltsvolles Leben in der Natur, ohne den ganzen Konsumdruck und alles, was einen daran hindert, sich selbst zu erfahren.
-  Grenzen zu testen, die an die eigene Leistungsfähigkeit gehen, wie viel ich tragen kann, oder wie weit laufen, oder wie lange, was ich zum Essen brauche, und auch tragen kann, wie ich in dieser Grenzsituation mit anderen umgehe, ob ich aufgeben will oder alles Widrige ertrage und durchstehe um am Ende stärker herauszugehen als beim Beginn.


Foto: Andraes Funke

Reiten bedeutet:

 - den Kontakt zum Pferd oder Tragtier, durch einfangen, putzen, pflegen, auftrensen, satteln, aufsitzen, füttern, ausmisten,
- den Wunsch, durch das Medium Pferd teilzuhaben an einer besonderen Fortbewegungsart, die seit vielen Jahren immer spezieller geworden ist, und das Reiten nicht mehr zum täglichen Gebrauch von vielen dazugehört, sondern eher als Sport gesehen wird. Dazu ist aber viel Mut notwendig geworden, und das Reiten wurde immer gefährlicher, weil ja jeder besser werden wollte als die anderen. Dann musste er besser sein, weil es keinen anderen Kontakt mehr gab, als das turniermäßige Kräftemessen mit Pferd und anderen Reitern. Plötzlich jedoch haben Menschen wie Ursula Bruns und die Ponypost Leser um Sie angefangen, dieses Schema aufzubrechen, und heute ist es wieder sehr privat, ein Pferd zu haben, und sehr persönlich, eine Beziehung zu ihm aufzubauen. Das Pferd ist kein Sportgerät mehr.
- Springreiten, Dressurreiten, Militäry, Westernreiten, Rodeoreiten: alles, was einem so in den Medien gezeigt wird
- die Liebe des Menschen zum Pferd oder Pony, denn, obwohl es überflüssig geworden ist als Arbeitsgerät, und alles besser und schneller ohne dieses Haustier geht, werden immer mehr Pferde gezüchtet, Rassen gerettet, erhalten und vermarktet, ist das Pferd für viele Menschen ein Arbeitgeber geworden und ein Wesen, das sie sich nicht wegdenken wollen aus dieser Welt.

“Mit Pferden unterwegs – Expertentipp: Wanderreiten - Was ist das?“
Foto: Tina Knapp

- diesen Wunsch nach dem Begleiter auf dem Weg in den Sonnenuntergang, den Freund für viele Jahre, der länger leben kann als ein Hund, einen sogar trägt, wenn gut erzogen auch durch dick und dünn. Jemanden zu haben, der sich auf einen verlässt, immer da ist, Forderungen stellt, die einen selbst zur Disziplin zwingen, Verantwortung tragen lässt für ein gutes Leben und aus einsamen Leben wieder mehr macht, einfach durch seine Anwesenheit.

“Mit Pferden unterwegs – Expertentipp: Wanderreiten - Was ist das?“
Foto: Jens Köhler

Also bedeutet Wanderreiten:

- Gute Schuhe
- den Wunsch, die Natur so intensiv wie möglich zu erleben, wie Lagerfeuer, Sonnenuntergänge, Zeltdörfer, Mücken, ein See nach langen heißen Wanderstunden, ein tolles Picknick in der freien Natur, Burgruinen und Hünengräber aus alten Zeiten, tolle Aussichten von Hügeln und Bergen
- ein Ausgangspunkt und ein Ziel, das man erreichen will und eine erlebenswerte Strecke dazwischen
- keinen sportlichen Ehrgeiz sondern Geduld und einen Blick fürs Detail um genau zu planen, was für eine Reise dieser Art benötigt wird
- eine gute Karte und das Wissen dazu, oder eine Führer für das unbekannte Gelände
- Packtaschen, die an Sattel und Pferd passen, um alles Notwendige mitzunehmen, oder einen Tross, der diese Dinge mit sich herumführt, damit man sich nicht auf das allernötigste beschränken muss
- Kondition, die sich während der Reise entwickeln kann, oder schon vorhanden ist
- ein wenig Mut um sich mit einem Pferd zu befasse
- den Ehrgeiz, nach fangen, füttern, putzen, satteln, auftrensen und draufsetzen dem Reittier klarzumachen, welche Richtung man zu reisen gedenkt und dies auch durchzusetzen!

Das Ergebnis ist dann eine Wanderreitreise zu Pferd.

Alles was im Begriff Wandern steckt, lässt sich mit dem Naturtier Pferd noch viel intensiver erleben.
Reiten, nicht in der sportlichen Version, nehme ich einfach dazu.

Selbsterfahrung Wanderreiten

Plötzlich merkt man, wie das eigene Leben mit dem des Pferdes verbunden wird, wenn man sich auf dieses Tier verlassen muss, seine Sinne zu den eigenen macht, wenn es die Ohren in eine Richtung spitzt und ein Reh vor einem steht, völlig lautlos, spürt, wie es sich vorsichtig einen Abhang heruntertastet, oder durch Morast den besten Pfad sucht, immer bedacht, sich und den Reiter sicher zum unbekannten Ziel zu tragen. Nach getaner Arbeit das Tier zu versorgen, die Rationen zu bemessen, damit es am nächsten Tag wieder weiterlaufen kann, die besten Gräser zu suchen, für eine Pause oder die nächtliche Rast.

Unvermittelt werden noch ganz andere Dinge sehr wichtig, die man vorher gar nicht wahrgenommen hat: Im Zelt in der Nacht auf das gleichmäßige Mahlen lauschen, das einen dann am Ende einschlafen lässt, weil es Ruhe und Sicherheit ausstrahlt. Man sich genau anschaut, mit einem sich verändernden Blick, der jeden Tag genauer wird, ob die Weide oder der Unterstand für die Nacht für das Tier auch sicher von innen und außen ist, um immer Gewissheit zu haben, das das Pferd nah ist und nicht etwa erschrecken kann oder ausbricht und sich verletzt. Oder einem selber jemand etwas tun kann, denn ein Pferd ist ein guter Wächter, wenn es sich zu seinem Menschen hingezogen fühlt. Jeden Tag ein wenig mehr Kraft und Energie spüren, die durch den natürlichen Zwang, das Tier zu schonen, um weit zu kommen, gefördert werden.

Jeden Tag weniger von den Dingen benötigen, die man für so wichtig hielt, dass sie unbedingt mit mussten, und trotzdem immer noch ein tolles Erlebnis haben, das einen mit sich: seiner Seele, seiner Kraft und seinen Fähigkeiten verbindet und nicht zuletzt auch mit einem Tier, das man als Teil der Reise und Teil seines Lebens viel mehr integriert als ein Fahrzeug. Mit einem mal die Dimensionen erkennen, in denen vor Jahrhunderten gedacht wurde, wenn einfach die ganzen Zivilisationserrungenschaften verschwinden, und wir wieder eins werden mit der Natur und den Entfernungen. Nicht 100 Kilometer in einer Stunde, nein, in drei Tagen, aber nur, wenn das Pferd und ich richtig miteinander umgehen. Vielleicht auch vier Tage, weil ein weiterer Weg vielleicht der schönere ist, denn es geht ja um das Erleben und Zusammensein mit dem Pferd, nicht um ein "wer ist am schnellsten am Ziel". Auf dem Weg wird unerwartet der Weg selber zum Ziel, denn die Termine treten in den Hintergrund und nur die Reise wird wichtig.

Eine Veränderung tritt ein: sowohl das Pferd als auch der Reiter beginnen, andere Maßstäbe an den anderen und die Beziehung dazwischen zu setzen, ich habe das besonders deutlich bei allen Pferden gemerkt, die länger als 3 Tage mit mir auf einer Reise waren. Sie ändern ihre Schwerpunkte! War es vorher vielleicht wichtig, zu erschrecken, beim Aufsteigen nicht stehen zu bleiben, lieber wegzulaufen als sich einfangen zu lassen, nicht jede ruhige Minute zum ausruhen zu nutzen, statt dessen Dummheiten auszuhecken und Machtspiele zu provozieren, um einen sicheren Platz in der Herde zu bekommen, so verschwindet das alles und ein Partner entsteht, mit dem man eine ganz andere Welt erleben kann, als das einerlei um den Stall herum.

Für das Pferd sind wir plötzlich der einzige Drehpunkt, denn alles andere ändert sich täglich, wir bringen in der Fremde das Futter, geben dem Pferd Nähe und Geborgenheit, und sind auf der anderen Seite aber diejenigen, die nun entscheiden, wohin der Weg führt, denn uns ist zwar keine Zeitvorgabe im Nacken, aber ein Ziel vor den Augen, das zu erreichen wir anstreben, ohne Rücksicht auf die Launen des Pferdes zu nehmen.

Wir geben eine Entfernung für den Tag vor, starten morgens und wünschen nicht mitten in der Nacht am Ziel anzukommen, sondern nach Berücksichtigung der Kondition und der Wegschwierigkeiten Nachmittags. Wenn nun das Pferd morgens keine Lust hat zum Putzen und zappelt, wird dadurch die Entfernung nicht kleiner, und die Zeit zum Erreichen des Zieles nicht kürzer. Also wird einfach das Ende des Tages später. Das ist eine tolle Methode, jedem Pferd zu erklären: ich habe alle Zeit der Welt, für Dich wird nichts einfacher, wenn Du nicht mitmachst, nur die Zeit wird länger, die wir zusammen sind!

Wir werden gleichmäßiger mit unseren Wünschen, das Pferd wird sicherer in seiner Position, ein Teil der Miniherde zu sein. und auch selbstbewusster unsere Wünsche erfüllen zu können, denn wir verlangen nur natürliche Dinge. Pferd wandere mit mir: in meinen Gangarten, entspannt und ruhig, zu meinem Ziel, zu unseren gemeinsamen Grenzen.

“Mit Pferden unterwegs – Expertentipp: Wanderreiten - Was ist das?“
Foto: Ralf Schillo

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