Dr. Hartwig Kasten ist Jurist, Vorsitzender des Börlner PSV 99 e.V. und Sympathisant der VFD. Sein kritischer und zugleich konstruktiver Beitrag wurde im April Heft der „Pferde in Sachsen und Thüringen“ als Leserbrief abgedruckt.

Das Reiten in der Natur zählt für viele Reiter zu den schönsten Freizeitvergnügen. Im Freistaat Sachsen ist ein Geländeritt aus rechtlichen Gründen nicht völlig unbeschwert möglich. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Strecke Passagen durch einen Wald einschließt. Das sächsische Waldgesetz und die darauf beruhende Reitwegeverordnung gestatten das Reiten im Wald nur auf dafür ausgewiesenen Wegen. Die Reiter haben Ihre Pferde zu kennzeichnen und eine Reitwegeabgabe zu entrichten. Zwar sieht das Sächsische Waldgesetz abstrakt vor, daß genügend Reitwege auszuweisen sind. In der Praxis erweist sich jedoch, daß die gesetzgeberische Forderung bislang deutlich hinter den Erwartungen der Reiter zurückbleibt. Bezogen auf das Territorium des Freistaates Sachsen wurden nach Erhebungen der Vereinigung der Freizeitreiter und –fahrer in Deutschland Landesverband Sachsen e.V. (VFD) im Zeitraum 2008 bis 2011 sogar weniger Kilometer Reitwege im Wald ausgewiesen.

Übersehen wird dabei, daß der Pferdesport als eine der wenigen Sportarten überhaupt als „Gesundheitssport" anerkannt ist. Er wird nicht nur von ausgewiesenen Spitzensportlern ausgeübt (wobei auch viele Turnierreiter zum Ausgleich im Gelände reiten), sondern spricht stetig zunehmend Menschen an, die sich aus Freude am Umgang mit Pferden im Gelände also auch im Wald, erholen möchten. Die FN wirkt ebenso wie der Landesverband Pferdesport Sachsen e.V. intensiv darauf hin, öffentlich auf den breitensportlichen Charakter des Pferdesports hinzuweisen und arbeitet dabei mit anderen Fachverbänden zusammen.

Während der Leipziger Messe "Partner Pferd" 2014 haben viele Aussteller auf ihre Angebote zu ausgedehnten Ausritten ins Gelände sowie zu längeren Wanderreittouren hingewiesen. Die Zahl solcher Anbieter steigt von Jahr zu Jahr an (wobei die Wanderreiter wegen des restriktiven Reitrechts den Freistaat Sachsen eher meiden). Bemerkenswert ist ebenfalls, daß die FN das System der Reitabzeichen jüngst reformiert hat und dem Breitensport damit auch im Bereich der Ausbildung einen noch größeren Stellenwert einräumt. Pferdebetriebe, Hufschmiede, Tierärzte, Ausrüster - sie alle leben in hohem Maße von den Breitensportlern. Für die Pensionsbetriebe im ländlichen Raumen entscheidet nicht zuletzt die Attraktivität der sie umgebenden Reitwege darüber, ob der Einstellungsvertrag zustande kommt.

Wünschenswert für den Freistaat Sachsen wären Reitrechtsregelungen wie im Waldgesetz des Landes Brandenburg. Danach ist das Reiten auf allen zweispurigen Wegen, die auch von Fahrzeugen befahren werden dürfen, erlaubt. Auf solchen Wegen können sich Reiter und Fußgänger, aber auch Radfahrer unproblematisch ausweichen; zumal jeder Reiter angehalten ist, sich anderen Personen nur im Schritt zu nähern. Bei den für Fahrzeuge geeigneten Waldwegen ist auch sichergestellt, daß deren Lage und Beschaffenheit auch durch das Reiten keine erheblichen Beschädigungen erwarten lassen. Mit einer solchen Regelung wäre außerdem den Bedenken, wie sie in den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Beschluß vom 06.06.1989 – 1 BvR921/85) sowie des Sächsischen Verfassungsgerichtshofes (Beschluß vom 23.01.1997 – Vf. 7-IV-94) zum Reiten im Wald beschrieben worden sind, Rechnung getragen. Denn ernsthafte Gefahrensituationen bei der Begegnung zwischen Reitern und Fußgängern, wie sie von den Verfassungsrichtern auf engen Wegen angenommen worden sind, sind auf zweispurigen, befahrenen Wegen – entsprechend der seit 2006 praktisch erprobten Brandenburger Regelung – nicht zu befürchten.

Dabei gilt wie stets: Es ist wechselseitig aufeinander Rücksicht zu nehmen. Wer die Verhaltensmaßregeln des Landesverbandes Pferdesport Sachsen e.V. zum Reiten im Waldbeachtet, wird wohl nur selten auf unfreundliche Wanderer oder Radfahrer treffen. Mein Dank gilt all jenen Waldbesitzern, Landwirten, Jägern und Grundstückseigentümern, die um ein gutes Einvernehmen mit den Reitern bemüht und zu tragfähigen Absprachen vor Ort bereit sind. Mit der angestrebten Gesetzesänderung nach dem „Brandenburger Modell“ wäre für alle Naturfreunde, zu den wir Reiter uns berechtigt zählen dürfen, Rechtsfrieden und Rechtssicherheit zu erreichen. Die bevorstehenden Landtagswahlen im September sind ein guter Anlaß, darüber mit den politischen Parteien ins Gespräch zu kommen.

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