Liebe Mitglieder,
In den vergangenen Tagen erreichen uns über die verschiedenen Kommunikationswege Aufforderungen, wir als VFD mögen uns als Pferdefachverband den bundesweiten Bauernprotesten ab Januar 2024 anschließen.
Wir sehen diese Thematik sehr individuell und möchten unseren Mitgliedern die Wahl ihres Engagements gerne selbst überlassen. Wir weisen darauf hin, dass die vorliegende Positionierung mit Sicht auf die gesamtpolitische Verantwortung der VFD verfasst wurde.
Die VFD spricht sich für eine klimafreundliche, naturnahe und auch ökologische Landnutzung aus.
Vorangestellt dieser Stellungnahme sei daher § 2 unserer Satzung:
1) Aufgaben, Ziele
Die VFD fördert das Freizeitreiten und -fahren als gesundheits- und breitensportliche Betätigung einschließlich der damit verbundenen Jugendarbeit sowie den Tier- und Naturschutz. Sie setzt sich zur Aufgabe, die Interessen der Freizeitreiter und -Fahrer wahrzunehmen und das Kulturgut Pferd zu pflegen. Die Mitglieder sind in besonderer Weise dem Tierschutz, dem Naturschutz und der Umwelt verpflichtet.
Die VFD setzt sich für artgerechten Umgang mit dem Tier ein und vermittelt die erforderliche fachgerechte Ausbildung einschließlich der Ausbildung von Reitbegleithunden. Die VFD fördert Leben und Wandern mit Equiden und Hunden als naturschonende Beschäftigung und setzt sich insbesondere für die Erhaltung und Verbesserung der Möglichkeiten zur Ausübung des Reit- und Fahrsports in der freien Landschaft und im Wald ein.
Sie unterstützt das Recht von Mensch und Tier auf einen gemeinsamen intakten Lebensraum.
Die VFD ist parteipolitisch, ethnisch und konfessionell neutral.
Da die neuen Pläne der Politik aber direkt Auswirkungen auf Equidenbesitzer*innen und -haltende haben, möchten wir auf alle Fälle Stellung beziehen.
Wir kritisieren den Wegfall der Befreiung von der Kfz-Steuer für landwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge (grüne Nummernschilder). Als Equidenhaltende mit eher kleinen zu bewirtschaftenden Flächen nutzen viele von uns Trecker, Hoflader, Anhänger etc. Wenn diese zukünftig unter die Regelbesteuerung fallen, hat dies direkte finanzielle Auswirkungen nicht nur für unsere Mitglieder.
Nach Umfragen bei unseren Betrieben (Reitschulen, Pensionspferdehaltungen) gehen wir davon aus, dass der Wegfall der Agrar-Diesel-Subvention für diese nicht ins Gewicht fällt. Die Mehrheit der VFD- Betriebe nutzt diese Subventionen nicht. Allerdings ist dadurch mit allgemeinen Preissteigerungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen zu rechnen, die beim Kauf von Futter und anderen landwirtschaftlichen Produkten durch die Kunden – uns – zu tragen sind.
Auch andere Kürzungen, die die Bundesregierung im Zusammenhang mit der angespannten Haushaltslage vorgeschlagen hat, können finanzielle Auswirkungen auf unsere Mitglieder haben: Durch die Verpflichtung der Industrie, die Plastik-Abgabe selbst zu bezahlen, werden sicherlich einige Pferde-Produkte teurer werden (Späne-Verpackungen, Putzzeug, Futtermittel, Eimer, Schubkarren etc.).
Daher setzen wir seit längerem auf den Einsatz von ökologisch sinnvollen Alternativen.
Gravierender ist aber die höhere CO2-Besteuerung, die sich unmittelbar auf die Kosten für Fahrten zum Stall oder zu Veranstaltungen sowie auf Pferde-Transporte auswirken wird.
Falls wir dafür die km-Pauschale für unsere Ehrenamtlichen erhöhen müssen, hat das auch Auswirkungen auf die gesamte Vereins-Finanzierung.
Die VFD unterstützt ausdrücklich die bäuerliche regionale Landwirtschaft.
Heu oder Heulage wird häufig von Kleinst- oder Nebenerwerbslandwirten produziert. Das Grundfutter für unsere Tiere wird in aller Regel regional angebaut und auch regional gehandelt. Viele unserer Mitglieder haben langjährige vertrauensvolle Beziehungen zu ihren Bäuerinnen und Bauern, bei denen sie ihre qualitativ hochwertigen Futtermittel beziehen. Heu von naturnah bewirtschafteten, artenreichem Dauergrünland ist die beste Futtergrundlage für unsere Tiere.
Die VFD ist parteipolitisch neutral, distanziert sich aber ausdrücklich von rechtsextremem Populismus. Wir nehmen wahr, dass die Proteste der Landwirte seitens der extrem rechten Parteienlandschaft für deren Zwecke genutzt werden. Wünschenswert wäre aus unserer Sicht, dass sich die deutsche Landwirtschaft klar von dem zunehmenden Rechtsextremismus in ihrem Umfeld distanziert.
Aufrufe zu Protesten mit Pferden (sogar auf Autobahnen) im Zusammenhang mit lautstarken Protestzügen mit Treckern unterstützen wir auch aus Tierschutzgründen nicht. Wir befürchten dabei ebenso, dass Rettungsfahrzeuge blockiert werden und dass die Bewegungsfreiheit Vieler stark eingeschränkt wird (u.a. derjenigen, die zu ihren Equiden fahren müssen, um diese zu versorgen).
Uns ist bewusst, dass die Themen deutlich komplexer sind, als wir es hier darstellen können. Auch innerhalb unserer VFD gibt es eine Vielzahl von Positionen. Bitte geht mit der nötigen Besonnenheit aufeinander zu und gebt auch den stillen, leiseren Stimmen einen Raum.
Die VFD hat in den vergangenen 50 Jahren vieles kritisch hinterfragt – und dabei steht immer das Wohl der uns anvertrauten Tiere im Vordergrund. Wir nehmen den Schutz unserer Umwelt ernst. Auch wenn es manchmal unbequem ist.
Update 06.01.2024
Liebe Mitglieder, in der vergangenen Woche kam es zu einer Einigung im Haushalt 2024. Auf die Einführung der KfZ-Steuer für Land- und forstwirtschaftlich genutzte Fahrzeuge wird verzichtet. Die Steuerbegünstigung des Agrar-Diesel soll in drei Schritten bis 2026 abgeschafft werden.
Nach Aussage der Interessen-Verbände gehen diese Zugeständnisse den Landwirten nicht weit genug. Sie halten daher an ihren angekündigten Protesten fest. Konkrete Forderungen sind aus unserer Sicht dabei schwerlich festzustellen.
Ursächlich für die Proteste scheinen daher eine allgemeine Frustration in der Landwirtschaft zu sein. Es fehlt offenbar an langfristigen Plänen zur Umsetzung der notwendigen Umstrukturierungen in der Landwirtschaft. Die Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft, diese für die Herausforderungen auch des Klimawandels fit zu machen, ist dringlichste Aufgabe. Die bisherige Fokussierung auf Industrialisierung, Subventionierung und Spezialisierung muss dringend abgeändert werden. Wir sehen das weitere Anwachsen von Agrar-Holdings in Land- und Forstwirtschaft kritisch.
Grundsätzlich sein angemerkt, dass das Demonstrationsrecht eines der wichtigsten Grundsätze in unserer Demokratie ist. Verschiedene Verbände haben festgestellt, dass die legitimen Protest-Aufrufe der Landwirte seitens der extrem rechten Szene genutzt werden. Sie distanzieren sich ausdrücklich hiervon. Das begrüßen wir sehr.
Im Folgenden versuchen wir verschiedene Positionen zu den Protesten abzubilden.
Bianka Gehlert, Präsidentin VFD
Pressemitteilung des DNR – Deutscher Naturschutzring – 05.01.2024
Zivilgesellschaftliche Organisationen verurteilen antidemokratisches Verhalten bei Bauernprotesten aufs Schärfste
"Wir brauchen konstruktive Debatten und Gestaltungswillen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft"
Berlin – Zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen aus Umwelt, Naturschutz, Tierschutz und Landwirtschaft kritisieren die zunehmend eskalierenden Proteste, die vom Deutschen Bauernverband und anderen agrarpolitischen Organisationen gegen die Kürzung der Agrardieselsubventionen initiiert wurden. Die Proteste sollen ab nächster Woche in eine Aktionswoche und eine für den 15.01. angekündigte Großdemonstration münden.
„Die Anwendung von Gewalt, die Bedrohung von Politikerinnen und Politikern, die Verwendung abwertender und menschenverachtender Symbolik und die Bedrohung und massive Einschränkung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung lehnen wir vehement ab. Dies ist inakzeptabel und muss Konsequenzen haben. Wer das hohe Gut des Demonstrationsrechts missbraucht, um sich antidemokratisch zu äußern und Amtsträger zu nötigen, schadet allen Bäuerinnen und Bauern, die friedlich demonstrieren und gefährdet den sozialen Zusammenhalt. Wir fordern die verantwortlichen Verbände auf, sich klar und deutlich von diesen Vorgängen zu distanzieren und ihre Mitglieder zur Mäßigung aufzurufen.
Die aktuelle Debatte ist Symptom einer tiefer gehenden Problematik: wir befinden uns mitten in einer grundlegenden Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Was bislang fehlt, ist ein langfristiger Plan, um diese Aufgabe gesamtgesellschaftlich zu bewältigen. Wir fordern die Bundesregierung auf, politischen Mut und Gestaltungswillen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft an den Tag zu legen und die Transformation der Landwirtschaft mit wirtschaftlichen Perspektiven für die Bäuerinnen und Bauern zu verbinden.“
Gemeinsame Pressemitteilung von Deutscher Naturschutzring (DNR), Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall, Bioland, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), BUND-Jugend, Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Campact, Demeter, Deutscher Tierschutzbund, Deutsche Umwelthilfe (DUH), Ecoland, Greenpeace Deutschland, Naturschutzbund Deutschland (NABU), Stiftung Haus der Bauern, WWF Deutschland
Update 06.01.2023
Quelle: Agrifood.Table # #38 / 05. Januar 2024 (Auszüge)
In wenigen Wochen soll der Bundeshaushalt verabschiedet werden. Cem Özdemir wird nun mit deutlichen Kürzungen in seinem Ministerium konfrontiert. 75 Millionen Euro werden für den Waldumbau gestrichen.
Das Ministerium von Landwirtschaftsminister Cem Özdemir muss Kürzungen im eigenen Etat vornehmen. Nachdem sich die Ampel am Donnerstag auf Zugeständnisse an die Landwirte geeinigt hat, muss das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) zum Ausgleich sparen.Dabei geht es zum einen um Einnahmen aus den Ausschreibungen von Offshore-Windparks, von denen das BMEL nun nur 134 statt 670 Millionen Euro erhalten soll. Zusätzliche 100 Millionen Euro sollen zum anderen durch Kürzungen beim Waldumbau und weitere Umschichtungen im Bereich Fischerei zusammenkommen, hieß es aus dem Ministerium.
Fördergelder für die Fischerei sind dabei besonders stark betroffen.(...) 25 Millionen Euro aus den Lizenzeinnahmen für die Fischereiforschung abgezweigt werden(...).
Geld für klimafreundliche Wälder fehlt
Weitere 75 Millionen Euro an Einsparungen sollen erreicht werden, indem eigentlich geplante weitere Förderprogramme für den klimafreundlichen Waldumbau in dieser Höhe gestrichen wurden. Bereits im November zugesagte Waldbaumaßnahmen in Höhe von 125 Millionen Euro aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) bleiben aber bestehen. Anders als beim ursprünglich geplanten Ende der Agrardieselbeihilfe stelle man damit sicher, dass nicht eine bereits eingeplante Subvention zurückgenommen werde, argumentiert das BMEL
6-Punkte-Plan für die sozial-gerechte Agrarwende und gutes Essen für alle!
Forderungspapier von über 100 Organisationen an die Bundesregierung – Januar 2023
https://www.wir-haben-es-satt.de/informieren/6-punkte-plan
Aufruf zur Wir haben es satt!-Demo 2024
Eine bäuerliche und ökologischere Landwirtschaft ist die richtige Antwort auf Klimakrise, Artensterben und Hunger in der Welt – nicht Gentechnik, Patente und Glyphosat!
Umweltzerstörung, Hunger und Klimakrise sind weltweit längst Realität.Zugleich trägt die Landwirtschaft Verantwortung für die Bewahrung unserer Lebensgrundlagen, muss Emissionen senken, die Biodiversität erhalten und Böden und Wasser schützen. Eine ökologischere und bäuerliche Landwirtschaft ist die Basis für ein umweltverträgliches und krisenfestes Ernährungssystem, das alle Menschen sicher mit gesunden Lebensmitteln versorgen kann.
Doch lässt die Bundesregierung Bäuerinnen und Bauern in der Krise allein.Sie können nicht mehr Umwelt- und Tierschutz stemmen, solange diese weder vom Markt, noch von der Politik angemessen honoriert wird. Niedrige Erzeuger*innenpreise, ungerecht verteilte Agrarsubventionen der EU und Kürzungen in der Entwicklungszusammenarbeit bringen Bäuerinnen und Bauern weltweit an ihre Schmerzgrenze – wirtschaftlich, aber auch körperlich und mental. Die Ampel-Koalition ist gefordert, den klimagerechten Umbau der Tierhaltung endlich zu finanzieren. Für mehr Tier- und Klimaschutz und den Erhalt vieler Höfe.
https://www.deutschlandfunk.de/bauernproteste-viel-wut-wenig-anerkennung-dlf-af3d0d11-100.html
https://www.jagdverband.de/djv-ruft-jaeger-zu-solidaritaet-mit-land-und-forstwirten-auf
https://www.agrarheute.com/politik/koalition-will-agrardiesel-kfz-steuer-offenbar-einlenken-615012