Viele VFD-Mitglieder halten ihre Equiden, seien es Pferde, Esel oder Mulis, in tierschutzgerechten Offenstallanlagen und bewirtschaften ihre Weideflächen nach ökologischen Kriterien. Wir schätzen, dass in Deutschland mindestens eine halbe Million Pferde nicht in landwirtschaftlichen oder gewerblichen Pensionsbetrieben oder in Vereinsställen untergebracht sind, sondern „hinter dem Haus“ gehalten werden oder in kleinen Haltergemeinschaften stehen.

Einführung von „Dörflichen Wohngebieten”

Ein erster Schritt zur verbesserten Ermöglichung unserer Art von Pferdehaltung war die Einführung von „Dörflichen Wohngebieten“ in die Baunutzungsverordnung (BauNVO), in denen unter anderem „nicht gewerbliche Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung“ gestattet werden.

In § 1 (6) des Baugesetzbuches (BauGB) ist in diesem Zusammenhang eine „ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen“ als Ziel der Bauleitplanung eingefügt worden. Pferdegerechte, ökologische Pferdehaltung unterstützt die Erfüllung dieses Zieles.

Dennoch erschweren die Regelungen des BauGB vielerorts die tierschutz- und umweltgerechte Pferdehaltung massiv, da die private Pferdehaltung nicht privilegiert im Sinne des § 35 BauGB ist und damit im Außenbereich nur in seltenen Ausnahmefällen genehmigt wird. Dies gilt ebenso für andere private Weidetierhaltung von zum Beispiel Schafen, Ziegen, Rindern oder Alpakas.

Initiative für Privilegierung auch der privaten Tierhaltung

Daher wurde auf der Erweiterten Präsidiumssitzung und auf der Bundesdelegiertenversammlung eine Initiative des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen unterstützt, in der eine entsprechende Ergänzung der Privilegierungstat- bestände des § 35 (1) BauGB gefordert wird, beispielsweise wie folgt:

1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist  und wenn es

9. der naturschutz- oder tierschutzgerechten Unterbringung von Weidetieren dient. Dies gilt auch für private Tierhaltung, die weder der Land- noch der Forstwirtschaft zugehörig ist.

Das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen (MULNV) wird dieses Anliegen voraussichtlich in die Umweltministerkonferenz einbringen und – bei Unterstützung durch andere Bundesländer – eine entsprechende Bundesrats-Gesetzesinitiative starten.

Klare Argumente für Gesetzesinitiative

Naturschutz: Private Weidetierhalter bewirtschaften in der Regel artenreiche Dauergrünlandflächen, die für Land- wirte nicht lukrativ sind. Ohne Weidetierhaltung würden kleine, ungünstig geschnittene Flächen verbuschen. Kleine und eingezäunte Flächen bedeuten mehr Linienstrukturen, die wichtig für eine Biotop-Vernetzung sind (siehe Pferd&Umwelt Ausgabe 2021/1, Seite 24). Zudem ist der Kot von Weidetieren eine wichtige Nahrungsquelle für Insekten, so dass die Biodiversität gefördert wird.

Klimaschutz: Dauergrünland kann ein Mehrfaches an CO2 speichern als Wald - je nach Nutzung. Grünland ist eine Kohlenstoffsenke und hilft das Klima zu schützen.

Tierschutz: Gemäß des Tierschutzgesetzes (bei Pferden auch in Verbindung mit den Leitlinien zur Pferdehaltung des Bundeslandwirtschaftsministeriums) sollen alle Weidetiere zumindest über einen Witterungsschutz verfügen. Dafür sind Baugenehmigungen notwendig.

Düngeverordnung: Auch private Weidetierhalter müssen und wollen ihren Mist oder Kompost ordnungsgemäß lagern. Ohne Baugenehmigung ist die Errichtung von notwendigen Dunglegen und Mistplatten nicht möglich.

Gewässer- und Bodenschutz: Ungeeignete Böden müssen fachgerecht aufbereitet werden, damit keine Matschausläufe entstehen sowie um Bodenverdichtung und Erosion zu vermeiden. Auch diese Maßnahmen werden häufig als Bauvorhaben eingestuft.

Herdenschutz: Wolfsabwehrende Zäune für Weidetiere werden in einigen Bundesländern bereits finanziell gefördert. Der für den Herdenschutz notwendige Zaunbau erfordert die Aufhebung von baurechtlichen Beschränkungen.

Landschaftsbild: Durch private Weidetierhalter wird ein strukturreiches, abwechslungsreiches Landschaftsbild geschaffen: Heckenstrukturen, Begrünung der Unterstände, ästhetisch gestaltete Bauwerke und die Tiere an sich, insbesondere alte Haustierrassen, beleben die Landschaft. Das ist allerdings nur dort möglich, wo Genehmigungen erteilt werden, denn für Provisorien wird weder viel Geld noch Arbeit investiert.

Landschaftspflege: Dort, wo Weidetiere als Landschaftspfleger zum Erhalt der Kulturlandschaft eingesetzt werden, also etwa für alte Dauergrünlandflächen, Huteweiden oder Biotope, sind alle oben genannten Vorhaben ebenso notwendig.

Nach über 30 Jahren, in denen wir uns bereits mit diesem Thema beschäftigen, haben wir jetzt einen kleinen Zeh in der Tür, um endlich eine vollkommen legale Hobby-Equidenhaltung im Außenbereich möglich zu machen.

Birgit Hüsing

Quellen: 
Ökolbilanz des Pferdes
Arten- und Klimaschutz in der Pferdehaltung
Pferde für den Naturschutz - Naturschutz durch Nutzung
Düngeverordnung 2020
Landschaftselemente
Positionen zum Thema Wolf

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