Eine Information des Dienstes agrar.de zieht Kreise Das Beste soll es sein beim Futter. Und unzählige Produzenten bieten Spezielles: für Fohlen, für Senioren, für bestimmte Rassen usw. Dass sich genaueres Hinschauen allerdings lohnt, zeigt ein Test. Dazu gelernt: Gedanken zur Pferdefütterung Rationsberechnungen geben vor, genau zu wissen, was ein Pferd an Energie, Eiweiß, Mengen- und Spurenelementen sowie Vitaminen täglich braucht, abhängig von den Anforderungen wie leichte, mittlere oder schwere Arbeit etc. Wissen wir dazu wirklich Genaues? Viele Werte sind angenommene Durchschnittswerte für Nutztiere. Es gibt nur wenige wissenschaftliche Versuche, welche Unterschreitung von Mindestmengen bei Mengen- und Spurenelementen zu Mangelkrankheiten führen kann, und vor allem welche Höchstmengen mittelfristig nicht überschritten werden sollten. Als weitere Schwäche der Rationsberechnungen kommt hinzu, dass für das wichtigste Grundfutter des Pferdes, nämlich Gras und/oder Heu, Durchschnittswerte angenommen werden, die viel stärker schwanken können als gemeinhin angenommen. Heu von sehr nährstoffreichen „Turbo-Weidelgras“-Mähwiesen kann über 9,5 Megajoule verdauliche Energie enthalten. Kräuterreiches Heu von mageren Böden z.B. aus Hochlagen enthält mit etwa 7 Megajoule kaum mehr Energie als gutes Futterstroh. Der Gehalt an Mengen- und Spurenelementen sowie Vitaminen dürfte noch erheblich stärker schwanken. Heu von den genannten Hochleistungs-Mähwiesen ist nahezu eine Monokultur. Der hohe Stickstoffgehalt im Boden vertreibt Kräuter und „Magergräser“, ergo lassen magere Böden ein hohes Maß an Kräutern und eine Vielfalt an unterschiedlichen Gräsern wachsen. Diese Vielfalt im Heu gilt als Träger von Mengen- und Spurenelementen sowie Vitaminen. Viele der uns heute bekannten Mengen- und Spurenelemente sowie Vitamine beeinflussen sich wechselseitig. Zuviel von dem einen Stoff kann die Aufnahme eines anderen Stoffes nahezu blockieren. Da uns nur ein Teil der Bestandteile der Nahrung von Mensch und Tier sowie deren Wechselwirkungen bekannt ist, wirkt es anmaßend, in dieses komplexe System regulierend eingreifen zu wollen. Hoch interessant ist eine Studie hierzu von Dr. Stefan Brosig. Dieser hatte in einer kleinen Pferdehaltung versucht, offensichtliche Wohlstandskrankheiten von Pferden wie Sommerekzem, Head-Shaking und Kotwasser durch das Weglassen von Mineral-Vitamin-Ergänzungsfutter sowie industriellem Fertigfutter zu kurieren. Er meint, dass Pferde als Meister des Mangels schnell Probleme bekommen können, wenn ihre Depots für Mengen- und Spurenelemente sowie Vitamine permanent befüllt werden und irgendwann „überlaufen“. Brosig stützte seine Überlegungen auf zwei interessante Beobachtungen:
  • Erfolgreiche Trainer von Vollblut-Galoppern füttern ihren Tieren nur Heu und ganzen Hafer, ergänzt durch einen Vitaminsirup, da solche Tiere ja selten bis nie frisches Gras bekommen. Bekommen diese Rennpferde Müslifutter oder auf andere Weise thermisch aufgeschlossenes Getreide (z.B. pelletiertes Futter) und/oder Mineral-Vitaminergänzungsfutter, gewinnen sie keine Rennen mehr, ihre Leistungsfähigkeit lässt nach.
  • In den neuen Bundesländern kannte man unter den dort zu DDR-Zeiten gezüchteten „Edlen deutschen Warmblütern“ kein Sommerekzem. Ab etwa 1990, als westdeutsches Futter dort hin geliefert wurde, lernte man es aber sehr schnell kennen.
Seit Herbst 2004 wird in der Pferdehaltung des Verfassers kein „Industriefutter“ mehr gefüttert. Alle Tiere leben sehr überwiegend von Gras und Heu. Im tiefen Winter wird ein wenig Leinsamen zugefüttert. Der Gesundheitszustand aller Tiere ist besser als je zuvor, das Sommerekzem eines Pferdes hat sich seit dem Verzicht auf Industriefutter erheblich verbessert. Nur auf Wanderritten wird zu gefüttert, wenn möglich Hafer. Unsere Tiere stehen auf recht mageren, kräuterreichen Weiden. Beim Heukauf sind wir sehr wählerisch. Was nicht sehr stark aromatisch nach „Heu“ riecht, ist u.E. als Pferdeheu ungeeignet. Einerseits brauchen Pferde die Kräuter zur Deckung ihres Mineral- und Vitaminbedarfs, andererseits wachsen Kräuter nur auf mageren Böden. Bekommen Pferde nur mageres Heu, fressen sie daran erheblich länger ohne fett zu werden. Gut für die auf Dauerbetrieb ausgelegte Pferdeverdauung. Das Geld, welches wir einsparen, stecken wir in die Weidepflege und zahlen es unserem Heu-Bauern. Denn gutes Kräuterheu macht wegen der geringen Hektar-Erträge mehr Arbeit als „Turbo-Heu“, deshalb muss es teurer sein. Zumal wir lieber kleine HD-Ballen kaufen, die schwitzen besser nach, sind deshalb geringer mit Schimmelpilzen belastet. Auch sie machen mehr Arbeit als Rundballen. Wir trauen den uns anvertrauten Tieren zu, dass sie instinktiv aus dem angebotenen Kräutergras und Kräuterheu ihren Bedarf an Mengen- und Spurenelementen sowie Vitaminen decken. So wie ihre Vorfahren seit Millionen Jahren. Fazit: Sehr viele Pferde in Deutschland bekommen heute von fast allem zuviel. Was ihnen aber häufig fehlt, ist qualitätvolles Grundfutter – und genug Bewegung.   H.M. Pilartz  

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